Jan Böhmermann und Giannis Varoufakis Foto-Fälschungen werden schnell zum Bumerang

Berlin · Ein Video oder ein Foto zu fälschen, ist keine große Kunst, wie die Satiriker um Jan Böhmermann mit "Varoufake" bewiesen haben. Im digitalen Zeitalter kommt die Wahrheit aber doch schnell ans Licht. Für Foto-Fälscher geht der Schuss dann meist nach hinten los.

#varoufake: Auch um diese Bilder gab es Wirbel
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Auch um diese Fotos gab es Wirbel

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Eine Medienposse hat am Ende die Wahrheit zutage gefördert: Der griechische Finanzminister Giannis Varoufakis hat tatsächlich bei einer Veranstaltung im Jahr 2013 in Zagreb seinen Mittelfinger erhoben und dazu einen Satz mit "Deutschland" gesagt. Diesen Beleg erbrachte ausgerechnet der Satiriker Jan Böhmermann, indem er sich selbst der Fälschung bezichtigte und ein lustiges Video drehte, wie er angeblich den Mittelfinger von Varoufakis in eine Aufnahme montierte.

In der Nacht zu Donnerstag löste seine Enthüllung im Internet-Kurznachrichtendienst Twitter unter "Varoufake" eine Vielzahl an Kommentaren aus. Viel Häme wurde vor allem über Günther Jauch ausgegossen, der am vergangenen Sonntag den griechischen Finanzminister mit der Aufnahme seines Mittelfingers konfrontiert hatte. Bereits in der Sendung hatte Varoufakis behauptet, dass er nie den Mittelfinger gehoben habe und der Filmausschnitt gefälscht sei. Jauch wiederum forderte später Belege vom ZDF, dass die in der Satire aufgestellten Behauptungen korrekt seien.

Spätestens da war die ganze Geschichte als Realsatire gelandet. Dem ZDF wurde es dann doch zu heiß, den anderen von Gebührengeldern finanzierten Sender so deppenhaft dastehen zu lassen. Am Vormittag zog sich das Zweite mit Ironie aus der Affäre und twitterte, man erwäge die Ausstrahlungen der Sendung "Neo Magazin Royal" künftig mit "Vorsicht Satire" zu platzieren.

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Foto: dpa/Christophe Gateau

Obwohl damit klar war, dass der in der Jauch-Sendung gezeigte Ausschnitt echt ist, steht der Moderator einigermaßen blamiert da. Seine Redaktion hat die Herkunft und auch den Zusammenhang des Ausschnitts offensichtlich zu spät überprüft. Unterschlagen wurde in der Talk-Sendung, die mehr als fünf Millionen Zuschauer sahen, dass Varoufakis damals 2013 als Wirtschaftsprofessor bei einer Veranstaltung die Lage Griechenlands aus dem Jahr 2010 schilderte. Das Anschauen des Originals zeigt: Sein gereckter Mittelfinger sollte die damalige Haltung der griechischen Regierung demonstrieren, der er nicht angehörte.

Faszinierend an dem satirisch wirklich gelungenen Beitrag von Böhmermann ist die Leichtigkeit, mit der der Mittelfinger aus dem bewegten Bild entfernt werden konnte. Der Dozent für Fotojournalismus Michael Ebert, der in Hannover und Magdeburg über "Macht und Manipulation" lehrt, betrachtet das digitale Zeitalter dennoch nicht als besonders anfällig für Fälschungen. "Die Geschichte des Fakes ist so alt wie die Geschichte der Fotografie", sagt Ebert. Seinen Studenten rate er, die "Finger von den Bildern zu lassen". Fälschungen würden von der Internet-Gemeinde schnell enttarnt.

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Foto: dpa, el ase

Nichtsdestotrotz hat Ebert ein paar hübsche Beispiele von Foto-Manipulationen aus den vergangenen Jahren auf Lager. Vom früheren Siemens-Vorstand Klaus Kleinfeld existieren aus dem Jahr 2004 zwei Fotos - einmal mit und einmal ohne teure Rolex-Uhr am Handgelenk. Aus dem Jahr 2005 stammt ein Bild von Angela Merkel, als sie noch nicht Kanzlerin war, winkend im Abendkleid - einmal mit und einmal ohne Schweißfleck unter dem Arm. Die "Bild"-Zeitung brachte 2001 ein Foto vom damaligen Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne), angeblich in einer Gewalt-Demo, bei der Demonstranten "Bolzenschneider" und "Schlagstock" getragen haben sollten. Das war falsch.

Alle Beispiele sorgten durch die anschließende öffentliche Enthüllung dafür, dass sie das, was verborgen werden sollte, erst recht offensichtlich machten. Im Fall Varoufakis ist das ähnlich. Wer bislang dem griechischen Finanzminister Glauben schenkte, dass das Video mit dem Stinkefinger eine Manipulation war, wird daran kaum festhalten können. Varoufakis hingegen blieb gestern bei seiner Version, das Video sei gefälscht. "Das deutsche Volk verdient bessere Medien", sagte er in Bezug auf die Jauch-Sendung, von der er sich hereingelegt sieht.

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Foto: qvist /Shutterstock.com/Retusche RPO

In jedem Fall hat die andauernde Debatte um den Stinkefinger dafür gesorgt, dass die Probleme der Griechen und auch das Versagen ihrer Regierung zu wenig thematisiert wurden. Die Satire hat Oberhand über die politische Debatte gewonnen. Doch die Lage in Athen ist zu ernst, als dass man sich das leisten könnte.

(RP)
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