Hauptdroge Nummer eins bei Straftaten Jede dritte Gewalttat geschieht unter Alkoholeinfluss

Berlin (RPO). Alkohol enthemmt und macht stark, wissen Fachleute. Doch nicht jeder, der trinke, neige zu einer Gewalttat, sagte der Direktor der Kriminologischen Zentralstelle in Wiesbaden, Rudolf Egg, am Dienstag in Berlin. Fest steht jedoch: Alkohol sei die Hauptdroge Nummer eins bei Straftaten.

So wirkt Alkohol auf Erwachsene
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Foto: ddp, ddp

Allein 2009 sei bei rund 35 Prozent aller Tatverdächtigen wegen gefährlicher und schwerer Körperverletzung ein Alkoholeinfluss zum Tatzeitpunkt festgestellt worden, erläuterte der Kriminologe bei der Vorstellung des Jahrbuches Sucht der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS). Beim Verdacht des Totschlags hatten laut Kriminalstatistik sogar 40 Prozent der Beschuldigten zu getrunken.

"Besonders hohe und im langjährigen Vergleich auch deutlich ansteigende Werte werden vor allem bei jungen Tatverdächtigen beobachtet", sagte Egg. Auch der 18-jährige brutale Schläger vom Berliner U-Bahnhof Friedrichstraße gab bei seiner Vernehmung an, bei der Tat am Osterwochenende betrunken gewesen zu sein. Diese Attacke sei kein Einzelfall.

Alkohol macht viele Menschen mutiger

"Durch die enthemmende Wirkung des Alkohols fühlen sich viele Menschen mutiger und furchtloser, sind aber gleichzeitig auch leichter reizbar", weiß der Kriminologe. "Die Folge sind eine geringere Selbstkontrolle sowie eine erhöhte Aggressionsneigung, sogar bei ansonsten friedfertigen Personen."

Auch der Berliner Täter gab als Motiv an, "in einer aggressiven Stimmung gewesen zu sein und nach Streit gesucht zu haben". "Alkohol verändert also die Stimmungslage und stellt damit eine innere Bereitschaft für Gewalthandlungen her", betonte Egg. Zur Einnahme anderer Drogen liegen der Staatsanwaltschaft derzeit keine Erkenntnisse vor.

Zwar ist der Alkoholkonsum der Bundesbürger insgesamt leicht zurückgegangen, wie DHS-Geschäftsführer Raphael Gaßmann anlässlich des Sucht-Jahrbuchs mitteilte. Im Jahr 2009 sei mit 9,7 Liter reinen Alkohols 2,0 Prozent weniger getrunken worden als im Jahr zuvor (2008: 9,9 Liter reiner Alkohol). Jedoch sei für viele vermeidbare Gesundheitsschäden und soziale Folgen infolge des Trinkens die Abnahme des Konsums seit 2005 um nur 0,3 Liter "entschieden zu gering".

Auch Trinken und Fahren spiele eine "beträchtliche Rolle", sagte Egg. 2009 sei bei über zehn Prozent der Todesopfer im Straßenverkehr - das sind 400 Menschen - Alkohol im Spiel gewesen. Über 6.000 Personen wurden danach bei derartigen Unfällen schwer und über 15.000 leicht verletzt. Demgegenüber scheint das im August 2007 eingeführte Alkoholverbot für Fahranfänger jedoch Wirkung zu zeigen. Die Zahl alkoholisierter junger Unfallbeteiligter sei rückläufig, sagte der Kriminologe.

(apd/felt)
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