Deutscher Lehrerverband Jeder Zehnte schwänzt den Unterricht

Berlin (RPO). Rund 200.000 Schüler in Deutschland schwänzen nach Angaben des Deutschen Lehrerverbandes (DL) täglich den Unterricht. Trotz rückläufiger Schülerzahlen ist diese Zahl seit Jahren nicht gesunken, sagt DL-Präsident Josef Krauss. Forscher gehen sogar davon aus, dass etwa zehn Prozent der rund zwölf Millionen Schüler regelmäßig in der Schule fehlen. Einige Bundesländer reagieren mit drakonischen Strafen wie Jugendgefängnis, andere ziehen es vor, Beratungsgespräche zu führen.

Das sagen Schüler zum G8-Abitur
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Nach Schätzungen des Deutschen Lehrerverbandes schwänzen deutschlandweit 200.000 Schüler, meist ab zwölf Jahren, täglich den Schulunterricht. Bei rund zwölf Millionen Schülern bundesweit schwankt somit die Zahl der notorischen Dauerschwänzer je nach Bundesland zwischen einem und zwei Prozent.

Nach den Worten von DL-Präsident Josef Kraus ist diese Zahl aber seit Jahren stabil. Der Schuldirektor vermutet hinter diesen Zahlen allerdings eine hohe Dunkelziffer, zumal Eltern in vielen Fällen das unentschuldigte Fehlen ihrer Kinder deckten. Nach Angaben von Marianne Demmer, Leiterin des Bereichs Schule bei der Bildungsgewerkschaft GEW, geht die Forschung davon aus, dass etwa zehn Prozent der Schüler bundesweit regelmäßig in der Schule fehlen.

Zwischen drei und sechs Prozent, je nach Schulform und Alter, gälten als "harte" Schulschwänzer. Bundesweit belastbare Zahlen gibt es aufgrund fehlender einheitlicher Methoden für die Erhebung einer Statistik allerdings nicht. Demmer zufolge sind die Gründe für das unentschuldigte Fehlen unterschiedlich und reichten von Krankheit, Schulangst, Überdruss, Vernachlässigung durch die Eltern und pubertätsbedingte Verweigerung.

Länder gehen uneinheitlich gegen Schulschwänzer vor

Die für Bildung zuständigen Landesbehörden handeln nicht einheitlich: Von obligatorischen Beratungsgesprächen über die Verhängung von Bußgeldern für Eltern und Schüler bis hin zum Verweis von allen öffentlichen Schulen des Landes erwarten sogenannte harte Schulverweigerer. Das ergab eine Umfrage nach Beginn des neuen Schuljahres in der Mehrzahl der Bundesländer.

Wie unterschiedlich mit Schulverweigerern umgegangen wird, zeigt ein Blick in die Strafenkataloge der Länder. So sieht das Schulgesetz in Nordrhein-Westfalen vor, dass nach Ermahnung und Gespräch mit dem Schüler zunächst ein schriftlicher Verweis folgen soll. Hilft auch das nicht, können Pädagogen den Schüler aus der Klasse oder gar der Schule entfernen. Als ultima Ratio gilt der Verweis von allen öffentlichen Schulen des Landes.

Auch Sachsen und Thüringen machen es hartnäckigen Schulschwänzern nicht leicht. Laut dem Erfurter Ordnungsamt drohen Ihnen Geldstrafen Der Satz reiche von fünf Euro beim ersten Verstoß bis 1500 Euro bei konstant ordnungswidrigem Verhalten. Wer nicht zahlen könne oder wolle, müsse die Strafe im Jugendgefängnis absitzen, sagte eine Sprecherin der Stadt. Wer in Sachsen die Schule schwänzt, muss ab dem fünften Fehltag im Schulhalbjahr ebenfalls mit einem Ordnungswidrigkeitsverfahren rechnen. Darüber hinaus kann gegen den Schüler eine Arreststrafe verhängt werden. Derzeit müssten in Sachsen vier Schüler wegen Schulschwänzens eine Strafe in Gefängnissen verbüßen, sagte ein Sprecher des Justizministeriums.

Anders ergeht es Schulschwänzern in Niedersachsen und Bremen. Beide Länder unterhalten nach eigenen Angaben Programme, die Schulverweigerer zur regelmäßigen Teilnahme am Unterricht motivieren sollen. Wenn beispielsweise in Bremen ein Schüler durch Schwänzen auffällt, meldet der Schulleiter dies einem der vier Regionalen Beratungs- und Unterstützungszentren (ReBUZ), wo Gespräche mit dem Schüler und den Eltern geführt werden.

Das Zentrum kann auch weitere Maßnahmen ergreifen wie etwa den Unterricht in kleineren Gruppen oder eine betreute Beschäftigung in Werkstätten oder einer Tierfarm. Das Programm scheint zu wirken. Demnach ging die Zahl der Verweigerer in Bremen seit Einführung des Programms deutlich zurück und bewegt sich nun konstant bei etwa 500 Schülern im Jahr.

GEW: Prävention statt Bestrafung erforderlich

Kritik an Pauschalstrafen kommt unter anderem vom Deutschen Lehrerverband und der Bildungsgewekschaft GEW. Man müsse zunächst den Grund der Abwesenheit feststellen, bevor man über die Art und Höhe der Strafe entscheide, sagt Josef Kraus. So hätte das Schulschwänzen in Deutschland bei rund 50 Prozent aller Fälle psychologisch-bedingte Gründe wie Mobbing, Angst vor Mitschülern oder vor Prüfungen. Deshalb seien in solchen Fällen Maßnahmen wie Bußgelder wirkungslos.

Die GEW setzt in diesem Zusammenhang auf Prävention statt Bestrafung. "Je früher auf erste Signale reagiert wird, desto größer sind die Chancen, dass sich das Problem nicht verfestigt", sagte die stellvertretende GEW-Vorsitzende Marianne Demmer.

(apd/felt)
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