Urteil Jura-Referendarin darf ihr Kopftuch tragen

Düsseldorf/Augsburg · Eine Jura-Studentin hat den Freistaat Bayern verklagt, weil sie wegen ihres Kopftuchs ihre Rechtsausbildung nur eingeschränkt machen darf. Das Gericht gab ihr Recht.

 Aquilah Sandhu klagt vor dem Verwaltungsgericht Augsburg.

Aquilah Sandhu klagt vor dem Verwaltungsgericht Augsburg.

Foto: dpa, kjh jhe

Aqilah Sandhu hatte bisher noch nie Probleme mit ihrem Kopftuch. An der Uni hat sie schon jüngere Semester damit unterrichtet. Außerdem hat sie als Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Uni gearbeitet. 2014 ging sie nach ihrem ersten Staatsexamen ins Referendariat. Das Oberlandesgericht München stellte sie jedoch nur unter Auflagen ein. So durfte Sandhu während ihrer Station am Amtsgericht Augsburg keine Zeugen vernehmen, keine richterlichen oder staatsanwaltlichen Aufgaben übernehmen. Der Grund: Sandhu trägt Kopftuch. Das Vertrauen in die religiös-weltanschauliche Neutralität der Dienstausübung sei beeinträchtigt, hieß es laut eines Berichts in der "Süddeutschen Zeitung" in der Erklärung des Gerichts.

Das Referendariat ist eine zweijährige Ausbildung, die Jura-Absolventen machen müssen, wenn sie als Rechtsanwalt oder im Staatsdienst als Richter oder Staatsanwälte arbeiten wollen. Rechtsreferendare müssen mehrere Stationen absolvieren, darunter auch im Gericht.

Sandhu reichte 2015 Klage gegen den Freistaat Bayern ein. Nun hat das Augsburger Verwaltungsgericht ihr Recht gegeben. Die Augsburger Richter bemängelten, dass es für einen solchen Eingriff in die Religions- und Ausbildungsfreiheit keine gesetzliche Grundlage gebe. "Im Freistaat Bayern existiere kein formelles Gesetz, welches Rechtsreferendare zu einer weltanschaulich-religiösen Neutralität verpflichte", heißt es in einer Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts. "Insbesondere bei Grundrechten wie der Religionsfreiheit sei aber nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts ein formelles Parlamentsgesetz erforderlich, um einen solchen Eingriff rechtfertigen zu können."

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung wurde die Berufung beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen. Davon wird der Freistaat Bayern auch Gebrauch machen, wie der bayerische Justizminister Winfried Bausback mitteilte. "Meine Haltung ist klar: Ich will nicht, dass Rechtsreferendarinnen auf der Richterbank, beim staatsanwaltschaftlichen Sitzungsdienst oder bei sonstigen hoheitlichen Tätigkeiten ein Kopftuch tragen", sagte Bausback.

In Nordrhein-Westfalen sind keine ähnlichen Fälle bekannt, das teilte das Landesjustizministerium auf Anfrage der Redaktion mit. Grundsätzlich gelte die Neutralität des Staates aber auch in Nordrhein-Westfalen, sagte ein Sprecher. Daher wäre das Tragen eines Kopftuches im Richteramt ebenfalls schwierig. "Ich gehe davon aus, dass das Verbot gültig ist, wenn es darum geht, staatliche Hoheitsgewalt auszuüben", sagte ein Sprecher des Landesjustizministeriums

(heif/dpa)
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