24 Verletzte vor Borkum Katamaran auf der Nordsee verunglückt

Emden (RPO). Horrortrip auf der Nordsee: Bei starkem Seegang auf offenem Meer hat eine große Welle die Reling eines Hochgeschwindigkeits-Katamarans aus der Verankerung gerissen und offenbar so gegen ein Panoramafenster gedrückt, dass die Scheibe zerbarst und 24 dahinter sitzende Passagiere zum Teil schwer verletzt wurden. Wie es dazu kommen konnte, dass das Metallstück losgerissen wurde, war zunächst unklar.

 Der Katamaran, hier mit der beschädigten Bugreling.

Der Katamaran, hier mit der beschädigten Bugreling.

Foto: ddp, ddp

Insgesamt waren bei dem Unglück am Montagabend auf der Rückfahrt von Helgoland nach Ostfriesland laut Reederei AG Ems 357 Passagiere und zehn Besatzungsmitglieder an Bord. Die Wasserschutzpolizei Emden ermittelt in alle Richtungen. Auch die Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung (BSU) schaltete sich ein.

Die Verletzten mussten drei Stunden auf fachärztliche Behandlung warten, denn das Schiff musste erst die ostfriesische Insel Borkum anlaufen, wie Polizeisprecher Jörg Lobeck am Dienstag sagte. Ein Notarzt und Sanitätspersonal kümmerten sich in der Zwischenzeit um die Passagiere. Das zerborstene Fenster war zuvor mit einer sogenannten Seeschlagbremse wieder wasserdicht verschlossen worden, wie die Sprecherin der Reederei, Corina Habben sagte.

16 Passagiere konnten laut Polizei wegen Schnittverletzungen und Prellungen ambulant versorgt werden, fünf kamen vorübergehend ins Inselkrankenhaus. Drei Reisende wurden so schwer verletzt, dass sie mit einem Rettungshubschrauber zum Klinikum Emden geflogen werden mussten.

Nach den Erkenntnissen der Polizei ereignete sich der Unfall der "MS Polarstern" am Montag gegen 18.15 Uhr auf etwas mehr als halber Strecke zwischen Helgoland und der Insel Norderney im sogenannten Trennungsgebiet Terschelling-German Bight und damit auf der Hauptverkehrsroute der großen Containerschiffe nördlich der ostfriesischen Nordseeinseln.

Materialfehler oder menschliches Versagen?

Die Ermittlungen müssten nun zeigen, ob zum Beispiel ein Materialfehler, ein Fehler des Kapitäns oder Wartungsversäumnisse schuld an dem Unfall waren, sagte Polizeisprecher Lobeck. Am Montagabend herrschten nach seinen Angaben Windstärken von 5 bis 6. Die Wellen dürften laut Lobeck etwa 2,50 Meter hoch gewesen sein - nach Angaben des Germanischen Lloyd (GL), der die "MS Polarstern" klassifizierte, ist das Schiff für eine maximale Wellenhöhe von 2,50 Meter gebaut. Wie GL-Sprecher Olaf Mager erklärte, entsprach das Glas der zerborstenen Panoramascheiben den Bauvorschriften.

Wartungsfehler scheiden nach den Worten von Reederei-Sprecherin Habben als Unglücksursache aus. Das Schiff sei vorschriftsmäßig jährlich in der Werft. Denkbar sei höhere Gewalt. Die Schiffe würden von erfahrenen Nautikern geführt. Nach ersten Erkenntnisse habe sich der Kapitän völlig an die Vorschriften gehalten.

Die Reederei erklärte, bei der Rückfahrt habe der Seegang zugelegt, dadurch sei es zu starken Bewegungen des Schiffes gekommen. Nach dem Zwischenfall habe die Schiffsleitung beschlossen, direkt Borkum anzulaufen, das um 21.10 Uhr erreicht worden sei.

Schiff erst sieben Jahre alt

Nach Angaben der Reederei ist der Katamaran sieben Jahre alt. Er erreicht Geschwindigkeiten von bis zu 42 Knoten entsprechend rund 77,8 Stundenkilometer. Zum Unfallzeitpunkt fuhr er den Angaben zufolge mit etwa halber maximaler Geschwindigkeit. Maximal kann er 402 Fahrgäste befördern.

Zwei nach Emden entsandte Mitarbeiter der BSU untersuchen nach Angaben der Bundesoberbehörde nun das Schiff. Außerdem würden sämtliche verfügbaren Daten über Wellenhöhen, Wellenlängen und Windgeschwindigkeiten in die Untersuchungen einbezogen, zudem Radardaten und Funkaufzeichnungen und selbstverständlich die Aussagen von Passagieren und Besatzung.

(ap)
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