Im europäischen Vergleich Kinderfreundlichkeit: Deutschland belegt letzten Platz

Kinderkrippe, Betreuungsgeld - was macht eigentlich Kinderfreundlichkeit aus? Dänemark sieht sich bei diesem gesellschaftlichen Gradmesser in Europa vorn, Deutschland belegt im europäischen Vergleich den letzten Platz.

Die Lebensqualität für Kinder ist nach einer repräsentativen Umfrage der Stiftung für Zukunftsfragen in Deutschland gesunken. Nur etwa jeder siebte Bundesbürger (15 Prozent) stufte 2012 seine Heimat noch als kinderfreundlich ein, zwei Jahre zuvor war es noch etwa jeder fünfte (21 Prozent). Das teilte die Stiftung für Zukunftsfragen am Montag in Hamburg mit.

Beim Thema Kinderfreundlichkeit rangiert Dänemark demnach in Europa an erster Stelle. Dort halten neun von zehn Dänen ihr Land für kinderfreundlich. Dies sagte auch knapp die Hälfte der Spanier, Niederländer und Griechen über ihre jeweilige Gesellschaft. Die Stiftung hat nach eigenen Angaben repräsentativ mehr als 11.000 Europäer ab 14 Jahren in zehn Ländern befragt. Deutschland ist mit Abstand auf Polen (21 Prozent) Schlusslicht bei der Befragung.

Bei Kinderfreundlichkeit geht es nach Auffassung des wissenschaftlichen Leiters der Stiftung, Prof. Ulrich Reinhardt, in Deutschland nicht allein um mehr Krippenplätze und Ganztagsschulen, die Einführung eines Betreuungsgelds oder ein gesplittetes Elterngeld. "(...) Kinderfreundlichkeit im Alltag umfasst aber auch Kleinigkeiten, von der Wurstscheibe beim Metzger bis zum Nachbarn, der sich nicht gleich beschwert, wenn es nebenan einmal lauter zugeht", sagte Reinhardt.

Wissenschaftler mahnt mehr Respekt und Tolaranz an

Die Meinungen gehen in Deutschland laut Studie allerdings auseinander. So bewerteten Westdeutsche (15 Prozent) und Landbewohner (17 Prozent) das Thema deutlich positiver als Großstädter (zehn Prozent) und Menschen in Ostdeutschland (neun Prozent). Auch beim Alter zeigten sich Unterschiede. Je älter die Menschen, desto negativer werde die Kinderfreundlichkeit wahrgenommen, heißt es in der Studie.

Der Wissenschaftler mahnte angesichts niedriger Geburtenraten mehr Toleranz und Respekt an: "Kinderlärm ist tatsächlich unsere Zukunftsmusik." Außerdem sprach er sich für eine Infrastruktur aus, die stärker auf die Bedürfnisse von Familien und Kindern eingeht sowie eine Arbeitswelt, welche die Vereinbarung von Beruf und Familie zulässt. Damit begründete Reinhardt das Erfolgsmodell Dänemark. Neben dem hohen Emanzipationsgrad sei dort auch der hohe Stellenwert von Familien sowie deren gesellschaftliche Anerkennung ausschlaggebend für das kinderfreundliche Selbstbild.

(dpa/afp/das)
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