Verwaltungsgericht Augsburg entscheidet Kirche darf lesbische Frau nicht kündigen

Augsburg · Die katholische Kirche darf eine lesbische Kindergartenleiterin in Elternzeit nicht entlassen. Wie das Verwaltungsgericht Augsburg am Dienstag entschied, handelt es sich bei der gleichgeschlechtlichen Beziehung der Erzieherin zwar um einen "schweren Loyalitätsverstoß" ihrem Arbeitgeber gegenüber. Es sei jedoch nicht als besonderer Ausnahmefall im Sinne des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG) zu werten, erläuterte Gerichtspräsident Ivo Moll. (Aktenzeichen 3 K 12.266)

Geklagt hatte eine katholische Kirchenstiftung im Landkreis Neu-Ulm gegen den Freistaat Bayern. Dessen Gewerbeamt hatte der geplanten Kündigung nicht zugestimmt. Nach Paragraf 18 des BEEG ist eine Kündigung während der Elternzeit nur in besonderen Fällen ausnahmsweise zulässig, etwa wenn ein Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber bestohlen oder beleidigt hat oder der Betrieb stillgelegt wird. Außerdem muss die staatliche Gewerbeaufsicht einverstanden sein.

Laut Moll hat sich die Kindergartenleiterin in ihrem Arbeitsverhältnis untadelig verhalten. Sie habe außerdem gezeigt, dass sie sich in Gewissensnöten befinde. Die Erzieherin, die als Beigeladene anwesend war, hatte ihrem Arbeitgeber, der katholischen Pfarrkirchenstiftung, gleichzeitig mit ihrem Antrag auf Elternzeit ihre eingetragene Lebenspartnerschaft mit einer Frau mitgeteilt. Ihr sei bewusst, dass ihre Lebensweise in der katholischen Kirche nicht anerkannt sei, schrieb sie darin. Sie stehe jedoch weiterhin zu ihrem Glauben.

Weiter erläuterte Moll als Grund für die Gerichtsentscheidung, die Erzieherin habe "keinen großen Bohei" um ihren Fall gemacht. So sei sie nicht von sich aus an die Presse gegangen, wie etwa ein Arzt an einem katholischen Krankenhaus in den 1980er Jahren. Dieser war öffentlich für die Fristenlösung bei der Abtreibung eingetreten.

Zuvor hatte die Diözese Augsburg, die die katholische Pfarrkirchenstiftung als Klägerin vertritt, erklärt, in dem Fall müsse die Außenwirkung gesehen werden. Die Erzieherin habe dem Bistum mitgeteilt, dass sie sich vom Schwulen- und Lesbenverband habe beraten lassen. Dieser wolle daraus vielleicht einen Musterfall machen. Das Gericht wies diesen Einwand mit der Begründung zurück, die Beigeladene habe diese potenziellen weiteren Schritte lediglich der Kirche mitgeteilt, sie sei damit aber nicht in die Öffentlichkeit gegangen.

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Augsburg endete mit einem Streitwert von 5.000 Euro, den die Kirche als Klägerin tragen muss. Sie kann Moll zufolge vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in Berufung gehen. Werde die Erzieherin nach Ende der Elternzeit entlassen, sei es ein Fall für das Arbeitsgericht. Ob die Diözese in Berufung geht, entscheidet sie nach eigenen Angaben erst nach der schriftlichen Gerichtsbegründung.

(KNA)
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