Synode in Bad Neuenahr Kirche fordert Asyl für 100.000 Syrer

Bad Neuenahr · Eindringlich wie nie hat der rheinische Präses Manfred Rekowski mehr Barmherzigkeit gegenüber den Bürgerkriegsflüchtlingen gefordert. Die Landesregierung prüft, die Aufnahmezahlen zu erhöhen.

 Präses Manfred Rekowski forderte mehr Barmherzigkeit gegenüber den Bürgerkriegsflüchtlingen.

Präses Manfred Rekowski forderte mehr Barmherzigkeit gegenüber den Bürgerkriegsflüchtlingen.

Foto: dpa, Thomas Frey

Mit heftiger Kritik an der Flüchtlingspolitik Deutschlands und der Europäischen Union hat der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Manfred Rekowski, seinen ersten Jahresbericht an die rheinische Synode eröffnet. "Die Tore Europas bleiben verschlossen", sagte Rekowski, "die Instrumente der Überwachung der Grenzen werden immer ausgefeilter." Die von den Kirchen angemahnte Umkehr in der EU-Politik sei nicht erkennbar. Stattdessen setze die Europäische Union durch Abschottung "die Werte der Menschlichkeit aufs Spiel".

Rekowski, der seit knapp einem Jahr an der Spitze der rheinischen Kirche steht, erhob erneut die Forderung, Deutschland solle 100.000 Bürgerkriegsflüchtlinge aus Syrien aufnehmen. Tatsächlich hat sich die Bundesrepublik bislang nur zur Aufnahme von 10.000 Syrern bereiterklärt. "Ich halte dies sowohl im Blick auf die Dimension des Elends im Nahen Osten als auch im Blick auf unsere eigene wirtschaftliche Kraft und Verantwortung für völlig unangemessen", kritisierte der leitende Geistliche der zweitgrößten Landeskirche und appellierte an die Bundesregierung: "Wir erwarten deutlich mutigere Schritte."

Mehr als sechs Millionen Syrer auf der Flucht

Während des Bosnien-Kriegs in den 90er Jahren habe Deutschland vorübergehend 320.000 Flüchtlinge aufgenommen. Die Kraft der syrischen Nachbarländer, weiteren Menschen aus dem Bürgerkriegsland Asyl zu geben, sei längst erschöpft. Nach Angaben der Vereinten Nationen sind mehr als sechs Millionen Syrer auf der Flucht; das ist knapp ein Drittel der Bevölkerung. Zwei Millionen von ihnen haben im Ausland Zuflucht gesucht.

Der Präses erinnerte auch an das Flüchtlingsdrama vor der italienischen Insel Lampedusa. Anfang Oktober waren dort mehrere Hundert Afrikaner und Syrer bei dem Versuch gestorben, über das Meer Europa zu erreichen.

Außer einem kurzen Moment des Erschreckens habe die Katastrophe keine politischen Wirkungen gehabt, klagte Rekowski: "Tote wird es wohl auch weiterhin an den EU-Außengrenzen geben." Der rheinische Präses forderte: "Um Gottes willen und um unserer eigenen Menschlichkeit willen darf es keine Toten an unseren Grenzen geben. Das ist ein Skandal, da dürfen wir nicht Ruhe geben."

In NRW werden derzeit 5500 Anträge geprüft

Eine Sprecherin von NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) erklärte, das Land stehe zu seiner humanitären Verpflichtung: "Wir können und müssen helfen", sagte die Sprecherin. Die Ausweitung der Aufnahmekapazitäten werde geprüft. Das Thema stehe bei der nächsten Innenministerkonferenz auf der Tagesordnung.

Die Landesregierung hatte das NRW-Aufnahmeprogramm kürzlich ausgeweitet. Derzeit werden 5500 Aufnahmeanträge geprüft. Monika Düker, Landesvorsitzende der Grünen, verlangte, die Auswahlverfahren in den Fluchtländern müssten beschleunigt werden. "Und die deutschen Auslandsvertretungen müssen mit mehr Personal schneller die Visa für diejenigen ausstellen, die zu ihren Angehörigen in NRW ausreisen wollen", sagte die Grüne.

(RP)
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