Schock in Altenburger Kinderkrippe Kleinkinder gefesselt und mit Tüchern bedeckt

Altenburg · Was in einem Altenburger Kindergarten passiert ist, schockiert nicht nur Eltern kleiner Kinder: Zum Mittagsschlaf wurden Krippenkinder eingeschnürt und ihre Gesichter mit Tüchern bedeckt. Diese rabiate Praktik wird nun wohl ein Fall für die Staatsanwaltschaft.

Chronologie der Gewalt an Kindern in Betreuungseinrichtungen
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Foto: dpa, Uli Deck

Erzieherinnen einer Kinderkrippe in thüringischen Altenburg haben mindestens drei ihrer Schützlinge mittags zum Einschlafen festgebunden. Wegen Kindeswohlgefährdung wurden die drei Frauen fristlos entlassen.

"Sie haben die Kinder beim Schlafen eingewickelt und zugeschnürt, damit sie ruhig bleiben", schilderte die zuständige Fachdienstleiterin des Landkreises Altenburger Land, Marion Fischer, am Freitag. "Sie haben ihnen auch Tücher aufs Gesicht gelegt."

Sogenanntes Pucken, bei dem kleinen Kindern die Arme eng an den Körper gelegt und sie dann in eine Decke eingewickelt werden, sei legitim. In diesem Fall seien die Kinder aber zusätzlich mit Mullwindeln fixiert worden.

"Wir sind völlig geschockt, dass so etwas in unserer Einrichtung passieren konnte", sagte der Geschäftsführer der örtlichen Volkssolidarität, Volker Kibisch. Sie ist Träger des Kindergartens.

Das Pucken sei nur erlaubt, wenn die Erzieher in unmittelbarer Nähe der Kinder bleiben und die Decke wieder lösen, nachdem sich die Kinder beruhigt haben, erklärte er. Die Kleinen hätte die Tücher auf ihren Gesichtern - etwa wenn sie husten müssen - nicht herunterziehen können. Im schlimmsten Fall hätten sie seiner Einschätzung nach sogar ersticken können.

Die Missstände wurden zufällig von einer Schülerin aufgedeckt, die im Oktober in dem Kindergarten ein Praktikum absolvierte. Ihre Lehrer hätten den Träger informiert und dieser wiederum in dieser Woche das Landratsamt. Die drei Frauen, langjährige Erzieherinnen im "Spatzennest", hätten die Vorwürfe eingeräumt, sagte Kibisch.
Inzwischen sei Anzeige gegen sie erstattet worden. Über den Fall hatte am Freitag zuerst die "Osterländer Volkszeitung" berichtet.

Wie lange diese rabiate Praktik in dem integrativen Kindergarten mit insgesamt 162 Schützlingen Usus war und wie viele Kinder genau betroffen sind, blieb zunächst unklar. Die nun bekanntgewordenen Fälle betreffen eine Gruppe mit 16 Kindern im Alter von null bis zwei Jahren. Auf Fotos seien drei Kinder zu sehen, die derartig gefesselt wurden, eines habe identifiziert werden können. "Wir haben den Eltern psychologische Betreuung angeboten", sagte Kibisch.

Eine Anweisung, die Kinder auf diese Weise ruhig zu stellen, habe es nicht gegeben, beteuerte Kibisch. Das Vorgehen der drei Frauen sei auch zuvor nicht aufgefallen, da die Kinder in einem separaten Schlafraum ihre Mittagsruhe halten. Zudem habe es keinen Anlass gegeben, den gestandenen Erzieherinnen zu misstrauen. Immerhin: Körperlich verletzt seien die Kleinen trotz des rabiaten Vorgehens ihrer Erzieherinnen nicht, betonten Amt und Träger unisono.

(dpa)
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