Der moderne Mann Männer sind Verlierer

Düsseldorf · Wann ist der Mann ein Mann? Die Frage quälte nicht nur Grönemeyer. Das Männerbild ist im Wandel; alte Gewissheiten gelten nicht mehr. Ob das gut oder schlecht ist, daran scheiden sich die Geister. Auch bei uns.

Männer und Frauen: Unterschiede erklärt in Grafiken
11 Bilder

Kleine Unterschiede zwischen Männern und Frauen

11 Bilder
Foto: Anna Radowski

Zugegeben: Ich bin Insasse einer Heil- und Pflegeanstalt." - Berühmter erster Satz aus dem Nobelpreis-Roman "Die Blechtrommel" von Günter Grass. Wir fragen hier und wissen zugleich um die Provokation: Könnte so wie bei Grass nicht auch der Lebensbericht eines Mannes von heute beginnen, der in den Fünfzigern und Sechzigern des vergangenen Jahrhunderts noch mitbekommen hat, dass es "einen Herrn im Haus" gab und dass das gleichsam naturgesetzlich der Mann und Vater war? Tempi passati. Aus und vorbei. Der "Herr im Haus" trägt jetzt öfter Rock, bringt durch Berufsplackerei ebenfalls "Beute" nach Haus und - er ist mitnichten Mann. Was Letzteren verwirrt, in Fällen bedenklicher Empfindsamkeit kränkt, wenn nicht krank macht. Früher sagten Frauen schon mal aufblickend zu dem, der "die Hosen anhatte", der Gemahl und Kindesvater sei "eine Seele von einem Mann". Daraus wurde mit der Zeit immer häufiger das Seelchen von einem Mann.

So erklärt sich das verbreitete männliche Gefühl von Statusverlust, ob am Büro-Schreibtisch oder am Familien-Esstisch (Vater sitzt nicht mehr wie früher sichtbar privilegiert am Kopfende, und er kriegt auch nicht mehr ungefragt das erste Stück vom Braten). Das Unbehagen wächst bei dem gelernten Eroberer und Ernährer von Frau und Kind. Das Erlernte besteht den Praxistest nicht mehr. Aus dem Mann wird mancherorts ein sozialer Pflegefall, der von Powerfrauen in Funk, Fernsehen und Politik, die sich zu Erziehungsberechtigten bevollmächtigen, zum Männlein degradiert wird. Meinen es die Power-Frauen halbwegs gut mit dem Mann, stufen sie ihn mild gestimmt zum Subjekt ihres Heilungsehrgeizes herab. Wer heute Frauen-Kabarett verfolgt, möchte als Mann bei jedem zweiten Spott-Satz zulasten des geschwächten starken Geschlechts schreien: fünf Euro in die Emanzenkasse! Aber das darf er nicht; tut er es trotzdem, wird zurückgeschrien: "Macho!" Das Imperium ruft zur Ordnung, und es ist in der westlichen Welt eine Sie.

Männliche Pflegefälle - man könnte polemisch von erwachsenen Heimzöglingen sprechen - lernen heute, dass ihr Ego, ihr einstmals antrainierter Wunsch nach Respekt und Vorreiterrolle in Firma und Familie, in Wahrheit ein Krankheitssymptom sei, das es zum Wohle der Frau und aller sonst gesellschaftspolitisch Rechtgläubigen zu kurieren gelte. Die Krankheitsbilder bedürfen emanzipatorisch-politischer sowie publizistischer Therapien, damit der Pflegefall Mann wider seine angeboren rückständige Natur doch noch kompatibel wird mit den Forderungen der Moderne.

Großvater Fritz und Vater Josef würden diesen Text wahrscheinlich gar nicht verstehen. Sie hatten wunderbare Frauen geheiratet, die ihnen die jeweilige Rolle als nie infrage gestellter Pater familias aus Überzeugung, wohl auch aus weiblicher Klugheit zugestanden. Die Männer von früher waren sich gerne bewusst, dass die sie umschlingenden zarten Bande besser fesseln als ein noch so dicker Strick. Großvater und Vater zählten zur Männer-Generation, die ohne Scheu und übrigens auch in Gegenwart von Frauen ungestraft prustete über Sätze wie jenen von Schauspiel-Macho Humphrey Bogart: "Ein kluger Mann widerspricht nie einer Frau. Er wartet, bis sie es selbst tut."

Wer als Mann so etwas heute in geschlechtergemischter Runde zum Besten gäbe, dem stülpte man die Narrenkappe über, weil er sich als Stammtisch-Troll verriete, der auf Kosten der besseren, der weiblichen Hälfte der Menschheit zweitklassige, also männliche Witze reißt. Die Kanzlerin (auch das eine früher schwer vorstellbare Rollenbeschreibung) würde dazu unter Kopfnicken ihrer weiblichen Entourage nebst dackelnder Nick-Männchen aus dem gesellschaftlichen Raum sagen: "Männerwitze - das geht gar nicht."

Da der Mann manches, was seinesgleichen einst für das angestammte Recht der "Krone der Schöpfung" hielt, eingebüßt hat, nicht jedoch seine - statistisch betrachtet - durchschnittliche Intelligenz, wird er dem Zeitgeist weise Tribut zollen.

Und er wird Benjamin Franklin gehorchen, wonach ein wahrhaft großer Mann weder einen Wurm zertritt noch vor dem Kaiser kriecht - wir setzen hinzu: selbst wenn der "Kaiser" die Königin seines Herzens ist.

Unser Special zum Vatertag:

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort