Kommentar Mal eine gute Nachricht von der Geheimdienst-Kooperation

Meinung | Berlin · In die aufgewühlte Stimmung über fragwürdige Formen der Zusammenarbeit zwischen Geheimdiensten platzt die Nachricht, dass die Sicherheitsbehörden offenbar eine neue rechtsterroristische Organisation zerschlagen haben. Das ist gut für die Motivation der Mitarbeiter und zeigt, dass die Behörden aus den NSU-Pannen gelernt haben.

 Das Wappen der Oldschool-Society.

Das Wappen der Oldschool-Society.

Foto: ap

Kurz vor seinem schweren Gang ins geheim tagende Parlamentarische Kontrollgremium hatte Bundesinnenminister Thomas de Maizière noch einmal Grund zur Freude. Er sei "froh", dass dort offenbar eine neue rechtsterroristische Vereinigung "im Keim erstickt" worden sei. Mit der Festnahme von mutmaßlichen Rädelsführern und Razzien in mehreren Bundesländern hatten die Behörden das Wirken einer "Oldschool Society" unterbunden, die sich mit Sprengstoffen für mögliche Anschläge habe vorbereiten wollen. Das Emblem dieser Organisation mit Totenkopf und an SS-Runen erinnernde Blitze lässt kaum Zweifel an der Gesinnung.

Freilich wird sich in den nächsten Tagen erst noch erweisen müssen, wie stichhaltig der Verdacht der Bildung einer terroristischen Vereinigung ist. Die Präsenz in den Sozialen Netzwerken zeugt zumindest auch von einem politisch motivierten Sammelbecken für "gleichgesinnte Menschen", die "die deutsche Kultur und ihre Werte leben". Die Kommentare zeugten zum Teil von übelster, menschenverachtender Gesinnung. Wie weit das in gewalttätigen Ausländerhass umzuschlagen drohte oder bereits auf dem Weg zu organisierter Militanz war, müssen die Sicherheitsbehörden bald nachweisen.

Nach dem Erschrecken über die Fahndungspannen bei der Suche nach den Mördern von Migranten und einer Polizistin war immer wieder auch die Frage gestellt worden, ob die Sicherheitsbehörden nicht nur den "Nationalsozialistischen Untergrund" sondern möglicherweise auch weitere Terrorzellen im rechtsextremistischen Sumpf übersehen haben könnten. Die Übergänge zwischen rechtsextremistischen Beeinflussungsversuchen und an Terrorisierung heranreichende Straßengewalt so genannter "Kameradschaften" sind in einigen Vierteln und Ortschaften Deutschlands schließlich schon so fließend geworden, dass Anlass zu größter Besorgnis besteht.

Die anschwellende Gewalt gegen Asylbewerberunterkünfte verleiht der Wahrnehmung Deutschlands in der Welt erneut eine hässliche Fratze kleiner Minderheiten, gegen die die Sicherheitsbehörden energisch vorgehen müssen. Gewalt ist kein Mittel der politischen Auseinandersetzung, und hier muss gegen linke wie rechte Täter eine Null-Toleranz herrschen. Immerhin ist die gesellschaftliche Grundstimmung in Deutschland eine andere, als vor über einem Jahrzehnt, als schon einmal ausländerfeindlich motivierte Brandstifter als Mörder unterwegs waren.

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Umso wichtiger ist es, die weiter auf hohem Niveau verharrende linksextremistische Gewalt über die Verurteilung rechtsextremistischer Gewalt nicht aus dem Blick zu verlieren. Dass in der Kriminalstatistik aus dem vergangenen Jahr sechs versuchte Tötungen von Polizeibeamten zu verzeichnen sind, müsste Anlass für weite Kreise politischen Protestpotenzials sein, die eigenen Bündnisse kritisch zu durchleuchten. Hier sind schärfere Abgrenzungen zwischen legitimem Protest und zu ächtender Gewalt zu ziehen.

Die gute Nachricht ist, dass die nach den NSU-Fahndungspannen verabredete Zusammenarbeit zu funktionieren scheint. Auch wenn es gegen eine zu enge Kooperation zwischen Verfassungsschutz und Polizei weiterhin verfassungsrechtliche Bedenken gibt, zeigt das koordinierte Vorgehen über mehrere Bundesländergrenzen hinweg, dass diese gegenseitigen Beteiligungen, Warnungen und Abstimmungen unumgänglich sind, damit dieser Staat sich als wehrhafte Demokratie immer wieder bewähren kann.

(RP)
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