Seit zehn Jahren als Bischöfin im Amt Margot Käßmann im zweiten Anlauf auf EKD-Ratsvorsitz

Frankfurt/Main (RPO). Erstmals könnten Frauen in beiden Spitzenämtern der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) sein: Nach der Wahl von Katrin Göring-Eckardt zur Präses der Synode richten sich am nächsten Mittwoch alle Augen auf Margot Käßmann, die für den Ratsvorsitz kandidiert.

 Die evangelische Landesbischöfin Margot Käßmann fordert bei Spätabtreibungen drei Tage Bedenkzeit.

Die evangelische Landesbischöfin Margot Käßmann fordert bei Spätabtreibungen drei Tage Bedenkzeit.

Foto: ddp

Margot Käßmann ist bei der Wahl der 11. EKD-Synode in Ulm zwar nur eine der zweistelligen Zahl von Kandidaten für die Nachfolge des Bischofs Wolfgang Huber, aber die gespannten Erwartungen ruhen auf ihr.

Die 51-jährige Bischöfin der Landeskirche von Hannover stellt sich zum zweiten Mal zur Wahl. Bei der 10. Synode in Trier im November 2003 schaffte sie es erst im dritten Anlauf in den Rat der EKD. Damals hieß es, für den Vorsitz sei die 45-Jährige noch zu jung. An mangelnder Profilierung jedenfalls konnte es nicht liegen: Sie hat sich schon immer eingemischt in politische Debatten und klare Positionen vor allem in Sachen Bildung, Sozial- und Friedenspolitik wie auch in der Auseinandersetzung mit der katholischen Kirche eingenommen. Ihr Wort hat Gewicht - unabhängig davon, ob sie Ratsvorsitzende wird.

Am 3. Juni 1958 als Tochter eines Kfz-Schlossers und einer Krankenschwester in Marburg an der Lahn geboren, interessierte sich schon früh für einen größeren Radius: Ein Schuljahr verbrachte sie in den USA, und später studierte sie unter anderem in Schottland (Edinburgh). 1983 wurde sie Vikarin in Wolfhagen und wurde als Vertreterin der EKD bei der Vollversammlung des Weltkirchenrats in Vancouver als jüngstes Mitglied in den Zentralausschuss des Ökumenischen Rats der Kirchen gewählt.

1985 wurde sie in der evangelischen Kirche Kurhessen-Waldeck zur Pfarrerin ordiniert. Sie versah ihren Dienst fünf Jahre zusammen mit ihrem Mann Eckhard Käßmann im Kirchspiel Spieskappe. Mit ihm hat sie vier Töchter. Die Ehe wurde 2007 nach 26 Jahren geschieden.

Ihre Doktorarbeit (1989) hatte das Thema "Armut und Reichtum als Anfrage an die Einheit der Kirche". Bald danach galt sie als eine der Vordenker des europaweiten "Konziliaren Prozesses für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung".

Von 1990 bis 1992 war sie Beauftragte für den Kirchlichen Entwicklungsdienst und übernahm Lehraufträge. Als Generalsekretärin organisierte sie die Deutschen Evangelischen Kirchtage in Leipzig und Stuttgart.

Sie war gerade 41 Jahre alt geworden, als sie 1999 zur Bischöfin der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Hannovers gewählt wurde und damit zur zweiten deutschen Bischöfin nach Maria Jepsen.

Für Abschaffung der Wehrpflicht und gegen das Kopftuch

Eines der zentralen Anliegen Käßmanns ist die Politik für Kinder. 2001 eröffnete sie in Hannover eine der umstrittenen Babyklappen. Sie plädierte für eine partnerschaftliche Erziehung und für kostenlose Kitaplätze für sozial benachteiligte Kinder. 2008 startete sie eine Initiative gegen Kinderarmut. Unter dem Motto "Respekt! - Youth for Peace" organisierte sie eine bundesweite Jugendkampagne gegen Gewalt. Auch als Befürworterin von Mindestlöhnen meldete sich die Bischöfin öffentlich zu Wort. Als Präsidentin der Zentralstelle für Kriegsdienstverweigerer (KDV) trat sie für die Abschaffung der Wehrpflicht ein.

Sie forderte Bildungschancen für die Kinder von Migranten, aber auch ein Verbot des Kopftuchs in Schulen. Sie rief dazu auf, die Bildung an christlichen Werten zu orientieren und zog gegen Spaßkultur zu Felde: Der Reformationstag am 31. Oktober sei ein Feiertag, und es müsse heißen: "Hallo Luther statt Halloween".

Streitbar zeigt sie sich im Verhältnis zur katholischen Kirche: Sie empfinde es als belastend, wie vehement Papst Johannes Paul II. dagegen argumentiert habe, Frauen Verhütungsmittel zu erlauben, sagte sie. Kondome müssten zugelassen werden, zumal im Zeitalter von Aids.

Enttäuschend sei es, dass man auch in der Frage der Ökumene in den vergangenen 30 Jahren nicht vorangekommen sei. Als der Zentralausschuss des Weltkirchenrates auf ökumenische Gottesdienste verzichtete, verließ sie diesen 2002 aus Protest. Käßmann ist Mitglied der Ökumene-Kommission der EKD. Nach der Wahl von Joseph Ratzinger zum Papst sagte Käßmann, sie hoffe, dass er ein Herz für die Ökumene zeige. 2007 gab es einen Dämpfer, als der Vatikan in einem Dokument die römisch-katholische Kirche über andere Glaubensgemeinschaften erhöhte.

(AP)
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