Demonstrationen in 40 Städten Mehr als 10.000 protestieren gegen Überwachung

Berlin · Trotz brütender Hitze haben sich mehr als 10.000 Bürger an Protesten gegen eine ausufernde Überwachung ihrer Kommunikation durch Geheimdienste beteiligt.

 Dieser Mann ging in Frankfurt gegen Prism auf die Straße.

Dieser Mann ging in Frankfurt gegen Prism auf die Straße.

Foto: dpa, Angelika Warmuth

Auf Kundgebungen in etwa 40 Städten forderten sie am Samstag ein Recht auf Privatsphäre und Unterstützung für Informanten wie den ehemaligen US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden, der die Existenz des US-Spähprogramms "Prism" enthüllt hatte.

An den Protesten, zu denen unter anderem das globale Bündnis "StopWatchingUs", die Piratenpartei und die Grünen aufgerufen hatten, nahmen nach Veranstalterangaben bundesweit mehr als 10.000 Menschen teil. Dabei versammelten sich nach Polizeiangaben in Frankfurt am Main etwa tausend Menschen in der Innenstadt, in Hamburg waren es 2000. In Berlin zogen etwa 1500 Menschen an der US-Botschaft vorbei vor das Brandenburger Tor.

Der Piraten-Bundestagskandidat Bruno Kramm warf der Bundesregierung in seiner Rede in Berlin vor, die Freiheit der Bürger zu ersticken: "Unsere Gedanken sind nicht mehr frei, sie wurden verraten von unserer Regierung die unter Paranoia leidet." Der Grünen-Landesvorsitzende in Hessen, Tarek Al-Wazir, forderte in Frankfurt die Bundesregierung auf, "sich endlich wirksam für den Datenschutz einzusetzen".

Nach den Enthüllungen Snowdens soll der US-Geheimdienst NSA mit Hilfe von "Prism" auch massenhaft Kommunikationsdaten von deutschen Bürgern ausgespäht haben. Die Bundesregierung steht seitdem unter Druck zu erklären, wieviel sie von diesen Ausspähaktionen wusste.

In Stralsund im Wahlkreis von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) demonstrierten etwa 100 Anhänger der Piratenpartei. "Wir zeigen, dass wir in allen Städten (...) aktiv sind gegen Überwachung und Schnüffelei und gegen den nicht zu akzeptierenen Angriff gegen Bürger- und Grundrechte", sagte Piraten-Chef Bernd Schlömer im NDR-Fernsehen.

Die Kundgebungen verliefen größtenteils friedlich. In Hamburg kam es nach Angaben eines Polizeisprechers zu Rangeleien mit dem FDP-Politiker Burkhard Müller-Sönksen, der zu Boden gestürzt wurde und Schürfwunden erlitt. In Frankfurt stieß die Teilnahme von Hessens Justizminister Jörg-Uwe Hahn (FDP) an der Kundgebung auf Kritik der Linksfraktion im Landtag. Diese warf der FDP vor, sich in Hessen stets für mehr Überwachung eingesetzt zu haben.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) wies am Sonntag Vorwürfe zurück, die Regierung tue zu wenig gegen Datenschnüffelei. Es gebe hierzulande eine der strengsten Datenschutzgesetzgebungen der Welt, jede Bundesregierung habe bisher nach dieser Verpflichtung gehandelt, sagte er im Deutschlandfunk. Er verteidigte erneut die Zusammenarbeit von deutschen und US-Geheimdiensten. Diese unterlägen gesetzlichen Beschränkungen, "insbesondere in der Überwachung eigener Staatsangehöriger".

Der frühere Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) beklagte im "Spiegel", die Furcht vor dem Staat trage "teilweise wahnhafte Züge". Die größte Gefahr für die Menschen gehe nicht vom US-Geheimdienst sondern "vom Terrorismus und von der Organisierten Kriminalität aus".

Nach Informationen des Magazins "Focus" konnten die deutschen Sicherheitsbehörden durch die Zusammenarbeit mit US-Diensten sechs Terroranschläge verhindern. Zuletzt hätten CIA und NSA 2010 vor einem Anschlag auf den Reichstag in Berlin gewarnt, berichtete das Magazin unter Bezug auf Auskünfte von Verfassungsschutz-Chef Hans-Georg Maaßen vor dem Parlamentarischen Kontrollgremium des Bundestags.

(AFP)
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