Deutschland Menschenrechtler lehnen Asyl-Einschränkungen ab

Berlin · In undemokratischen Staaten ist ein nationales Menschenrechtsinstitut oftmals nur ein Feigenblatt für eine Regierung, die diese Rechte mit Füßen tritt. Das Deutsche Institut pocht auf seine Unabhängigkeit - und bringt deutliche Kritik am Regierungshandeln vor.

 Deutsches Institut für Menschenrechte: "Die derzeitige unmenschliche Praxis muss dringend geändert werden."

Deutsches Institut für Menschenrechte: "Die derzeitige unmenschliche Praxis muss dringend geändert werden."

Foto: dpa, bod ink dna JAI

Das Deutsche Institut für Menschenrechte (DIMR) hält die jüngsten Verschärfungen im Asylrecht teilweise für bedenklich.

"Die Aussetzung des Familiennachzugs ist mit der UN-Kinderrechtskonvention nicht vereinbar", schreibt das Institut in seinem ersten Bericht an den Bundestag, der am Mittwoch in Berlin vorgestellt wurde. In der Praxis stießen auch diejenigen, die einen Anspruch auf unmittelbaren Familiennachzug hätten, bei der Wahrnehmung ihres Anspruchs "auf große Hürden", hieß es weiter.

"Die derzeitige unmenschliche Praxis muss dringend geändert werden", forderte der menschenrechtspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Frank Schwabe.

In der Türkei hätten Betroffene im September 2015 bis zu ein Jahr darauf warten müssen, einen Visumsantrag zu stellen, kritisiert das DIMR. Flüchtlinge in Griechenland müssten ihren Antrag bei der deutschen Botschaft in Athen stellen.

Dies sei den neu ankommenden Schutzsuchenden auf den griechischen Inseln aber nicht möglich, da diese seit Inkrafttreten des EU-Türkei-Abkommens auf den Inseln festgehalten würden. Der Deal sei kein Vorbild für Abkommen mit weiteren Staaten, sagte Institutsleiterin Beate Rudolf.

Durch die Beschleunigung der Verfahren für Asylsuchende aus "sicheren Herkunftsstaaten" könnten nicht mehr alle abgelehnten Antragsteller Rechtsmittel einlegen, heißt es in dem Bericht weiter.

Die einwöchige Frist sei oftmals zu kurz, um eine asylkundige Rechtsvertretung zu finden, Termine von Dolmetschern zu koordinieren und gegebenenfalls eine Erlaubnis zum Verlassen des Bezirks zu erhalten. Positiv beurteilte das DIMR den erleichterten Zugang zum Arbeitsmarkt und die Gesundheitskarte für Flüchtlinge.

Nicht zufrieden ist das Institut damit, wie im Unterricht über Asyl gesprochen wird. In Schulbüchern werde die Fluchtzuwanderung zu oft mit Problemen assoziiert, sagte Rudolf.

Das Institut prangerte in seinem Bericht außerdem den Ausschluss von Menschen mit geistigen Behinderungen und schuldunfähigen Straftätern vom Wahlrecht an. Betroffen seien davon fast 85.000 Menschen.

Ambitioniert findet Rudolf die Bemühungen der Bundesregierung, deutsche Unternehmen zu einer Wahrung der Menschenrechte bei der Produktion im Ausland zu bewegen. Sie sagte: "Eine solche Zielvorgabe und Überprüfungsstruktur sieht bislang kein anderer europäischer Aktionsplan vor."

Das DIMR ist die unabhängige Nationale Menschenrechtsinstitution Deutschlands. Es wird aus dem Haushalt des Bundestags finanziert.

(dpa)
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