Hofheim Missbrauchsvorwürfe gegen Caritas-Kinderheim

Frankfurt/Main (RPO). Die Missbrauchsfälle in Deutschland nehmen kein Ende: Auch in einem Kinderheim der Caritas im hessischen Hofheim gibt es Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs und der Kindesmisshandlung.

Wie entdeckt man, ob ein Kind missbraucht wird?
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Foto: AP

Beim Caritasverband Frankfurt, der Träger des Heims Vincenzhaus ist, meldeten sich drei ehemalige Heimkinder, die den Vorwurf erheben, in den 50er und 60er Jahren misshandelt und missbraucht worden zu sein, wie die Caritas am Mittwoch mitteilte. Es sei inzwischen klar, dass es sich nicht um einen Einzelfall handele, sagte Sprecherin Christine Hartmann-Vogel.

"Wir sind über diese Vorwürfe außerordentlich beunruhigt und versuchen nun - soweit das möglich ist - Aufklärungsarbeit zu leisten", erklärte Caritas-Direktor Hartmut Fritz. Im Februar sei eine entsprechende Arbeitsgruppe unter seiner Leitung eingerichtet worden, außerdem habe man unter der Telefonnummer 069-2982-142 eine Hotline eingerichtet, unter der sich möglicherweise weitere betroffene ehemalige Heimkinder melden sollten. "Wir nehmen mit jedem Einzelnen Kontakt auf, um mehr über die damaligen Vorfälle im Vincenzhaus zu erfahren", betonte Fritz.

Momentan versuche man auch, Mitarbeiter aus dieser Zeit ausfindig zu machen, was aber schwierig sei, weil viele inzwischen verstorben seien. Man habe daher erst mit zwei ehemaligen Mitarbeitern sprechen können. Außerdem stünden keine Akten oder andere aussagefähige Unterlagen aus der Zeit zur Verfügung.

Erste vage Vorwürfe Mitte Januar

Nach Angaben der Caritas hatte sich am 15. Januar per Mail ein Mann gemeldet, der von 1961 bis 1965 im Vincenzhaus lebte. In seiner Mail habe er Hinweise auf Misshandlungen und sexuelle Übergriffe gegeben, ohne Details zu nennen. Man habe per Mail und Telefon Kontakt zu dem Mann aufgenommen, mehrere Angebote zu einem persönlichen Gespräch habe er abgelehnt. Am Mittwoch berichtete die "Frankfurter Rundschau" über den Fall. Die Caritas erklärte dazu, dass sie die Details, die dort angeführt werden, bisher nicht gekannt habe.

Am 8. Februar bekam die Caritas nach eigenen Angaben Post von einem Anwalt, der im Namen eines Mandanten ähnliche pauschale Vorwürfe erhob und sich nach der Bereitschaft nach Schadenersatz erkundigte. Am Dienstag nahm die Caritas demnach Kontakt zu einem dritten ehemaligen Heimkind auf, das von 1957 bis 1965 im Vincenzhaus lebte und sich am vergangenen Wochenende beim Bischöflichen Ordinariat mit Gewalt- und Missbrauchsvorwürfen meldete. Am Dienstag sei die Caritas vom bischöflichen Beauftragten für Missbrauchsverdacht darüber informiert worden und habe unverzüglich Kontakt aufgenommen.

Glück kritisiert Leutheusser-Schnarrenberger

Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Alois Glück, kritisiert die Forderungen von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) an die katholische Kirche nach mehr Konsequenz bei der Aufklärung von Missbrauchsfällen. Das Vorgehen der FDP-Politikerin sei "nicht sehr hilfreich", sagte Glück am Mittwoch in München. Es gebe bereits "rigorose Anstrengungen" der Kirche zur Aufklärung von sexuellem Missbrauch. Deshalb sei es weder richtig noch akzeptabel, von einer Schweigemauer in katholischen Einrichtungen zu sprechen.

Mit den Missbrauchsfällen in katholischen Einrichtungen wird sich auch der 2. Ökumenische Kirchentag (ÖKT) in München beschäftigen. Wie Glück am Mittwoch bei der Vorstellung des ÖKT-Programms in München sagte, wird es auch "zwei Veranstaltungen zu diesem Themenkreis" geben. Sie befinden sich derzeit noch in der Planung und finden sich deshalb nicht im gedruckten Programm.

Missbrauch soll bei einer der Veranstaltungen auch als gesamtgesellschaftliches Problem behandelt werden. Glück sagte, "kaum ein Bereich der Gesellschaft" sei frei von diesem Problem. Dass die Missbrauchsfälle den Kirchentag prägen werden, glaubt Glück nicht. Es gebe auch viele andere drängende Fragen. Der Kirchentag findet vom 12. bis 16. Mai in München statt.

Ombudsmann statt Runder Tisch

Sachsen-Anhalts Kultusminister Jan-Hendrik Olbertz (parteilos) fordert für Missbrauchsopfer einen Ombudsmann. Kinder müssten die Möglichkeit haben, sich jemandem anzuvertrauen, wenn sie in eine solche Notlage gerieten, sagte Olbertz am Mittwoch in Halle im Sender MDR Figaro. Auch anonyme Briefkästen könnten helfen, "damit ganz schnell auf die Bremse getreten werden kann, noch ehe sich etwas ausbreitet".

Runde Tische hält Olbertz für wenig geeignet, um den sexuellen Missbrauch an Internaten zu bekämpfen. Er sehe auch nicht so sehr gesetzliche Probleme - mit Ausnahme der Verjährungsfrist. "Die müsste aufgehoben werden", sagte Olbertz.

(apd/ddp/felt)
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