BKA warnt vor Gewalt von rechts Neonazi-Bande mordete offenbar bundesweit

Karlsruhe · Nach dem Polizistenmord von Heilbronn glaubt die Bundesanwaltschaft Verbindungen zu den bislang nicht aufgeklärten sogenannten "Döner-Morden" ziehen zu können. Ermittler fanden per Zufall die passende Tatwaffe. Ein rechtsextremer Hintergrund wird vermutet. Eine wachsende Gefahr: In Deutschland werden laut Bundeskriminalamt pro Tag zwei bis drei rechtsextremistische Gewalttaten verübt.

Neonazi-Terror: Die Chronologie der Morde
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Foto: dapd

Die rechtsextremen mutmaßlichen Mörder einer Heilbronner Polizistin sind womöglich auch für die sogenannten Dönerbuden-Morde verantwortlich. Die Pistole, mit der zwischen 2000 und 2006 acht Türken und ein Grieche erschossen worden waren, sei in der Wohnung des Trios in Zwickau gefunden worden, teilte die Bundesanwaltschaft am Freitag in Karlsruhe mit.

Die Behörde übernahm nun beide Verfahren und verdächtigt die Beschuldigte Beate Z. der Mitgliedschaft in einer rechtsextremen terroristischen Vereinigung in Tateinheit mit Mord und versuchtem Mord sowie der schweren Brandstiftung. "Es liegen zureichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür vor, dass die Mordtaten einer rechtsextremistischen Gruppierung zuzuordnen sind", erklärte die Bundesanwaltschaft. Bei der Durchsuchung der Zwickauer Wohnung der beiden Männer sei außerdem Beweismaterial sichergestellt worden, "das auf eine rechtsextremistische Motivation der Mordtaten hindeutet”.

Neue Dimension rechter Gewalt

Rechte Gewalt — in Deutschland auf dem Vormarsch. Noch Ende Juli - nach den verheerenden Anschlägen des Rechtsextremisten Anders Behring Breivik in Norwegen - sagte Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU), er habe keine Hinweise auf "rechtsterroristische” Aktivitäten in Deutschland.

Inzwischen aber ist auch hierzulande offenbar eine neue Dimension erreicht.Denn die Bundesanwaltschaft hat den Verdacht, dass sich in Deutschland eine rechtsterroristische Vereinigung gebildet hat. Diese Gruppe könnte hinter dem Mord an der Heilbronner Polizistin Michéle K. im April 2007 und hinter der bundesweiten "Döner”-Mordserie an acht türkischstämmigen und einem griechischen Opfer in den Jahren 2000 bis 2006 stehen. Die nach Angaben der Ermittler hochkonspirativ arbeitende Gruppierung könnte damit mindestens zehn Menschen auf dem Gewissen haben.

Rechtsextremist verübte Anschlag mit den meisten Toten

Der Anschlag mit den bisher meisten Toten in Deutschland wurde vor 31 Jahren von einem Rechtsextremisten verübt. Bei dem Bombenanschlag auf das Münchner Oktoberfest vom 26. September 1980 starben 13 Menschen, mehr als 200 wurden verletzt. Die Ermittlungen gelangten zu dem Ergebnis, dass der rechtsextremistische Attentäter Gundolf Köhler ein Einzeltäter war.

Köhler hatte allerdings Kontakte zur "Wehrsportgruppe Hoffmann”.
Im Januar 1980 verbot der damalige Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP) die mehr als 400 Mitglieder zählende Truppe, die laut Bundesanwaltschaft eine "rechtsterroristische Organisation” war.

Dies war nicht das letzte Verbot einer rechten Terrorgruppe. Im Jahr 2005 wurde der Neonazi Martin Wiese vom Bayerischen Obersten Landesgericht in München der Rädelsführerschaft in einer terroristischen Vereinigung schuldig gesprochen. Gemeint war die "Schutzgruppe” der "Kameradschaft Süd”.

In den Jahren danach machte die sächsische Neonazi-Gruppierung "Sturm 34” von sich Reden, die allerdings als "kriminelle Vereinigung” eingestuft wurde. Mitglieder der Gruppierung hatten bei einem Dorffest mehrere linksorientierte Punker verprügelt.

BGH definierte terroristische Vereinigung

Die Hürden für die Einstufung einer Gruppierung als "terroristische Vereinigung” hat der Bundesgerichtshof (BGH) hoch gelegt. Sie müsse "staatsgefährdende Ziele” verfolgen und den Staat "erheblich schädigen” wollen, entschied der BGH Ende 2007 - übrigens anhand einer linken Gruppierung. Der BGH stufte damals die "militante gruppe” (mg), die von der Bundesanwaltschaft als "terroristisch” bewertet wurde, zur kriminellen Vereinigung herab.

(DAPD)
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