Abt zurückgetreten Neuer Missbrauchsfall in Kloster Ettal

München/Ettal (RPO). Auf Drängen des Erzbistums München-Freising ist am Mittwoch der Ettaler Benediktinerabt Barnabas Bögle (53) zurückgetreten. Grund ist ein bisher nicht öffentlich bekannter Missbrauchsverdacht gegen einen Ettaler Benediktiner aus dem Jahr 2005.

Im Mai 2005 war Bögle zum Abt des Klosters gewählt worden. Das Erzbistum machte geltend, dass Bögle in diesem Fall seiner seit 2002 bestehenden Meldepflicht gegenüber der Erzdiözese nicht nachgekommen sei. Der Abt habe die Erzdiözese am Mittwochmorgen über den Regelverstoß informiert und sei dann der Rücktrittsbite nachgekommen.

Vor Journalisten räumte Bögle am Abend mehrere Fehleinschätzungen in der Sache ein. Nachfragen waren jedoch nicht zugelassen. "Ich habe angenommen, dass die bischöflichen Richtlinien für uns als Kloster nicht verbindlich sind", sagte er.

Nach einem Gespräch mit dem beschuldigten Mitbruder und einem deshalb in Auftrag gegebenen Gutachten habe er die Brisanz der Hinweise verkannt. Konkret soll der Verdächtige Schüler im Gesicht, am Oberkörper und den Beinen berührt haben. Zum Teil hätten sie auf seinem Schoß gesessen. Der Mitbruder habe dies nicht als Missbrauch, sondern als Problem mangelnder Distanz bewertet.

Fall der Staatsanwaltschaft übergeben

Der Beschuldigte sei inzwischen in Wechselburg tätig und mit sofortiger Wirkung von seinen seelsorglichen Aufgaben suspendiert worden, so Bögle. Der Fall sei der Staatsanwaltschaft übergeben worden. Den Behörden sicherte der Ordensmann die umfassende Kooperationsbereitschaft seines Klosters zu. Mit seinem Rücktritt habe er die Aufklärung befördern und den Ruf von Schule und Internat des Klosters schützen wollen.

Der Münchner Pastoralpsychologe und erzbischöfliche Missbrauchsbeauftragte Siegfried Kneißl sagte, Aussagen von Schülern und Eltern aus den vergangenen beiden Tagen hätten inzwischen die Verdachtsmomente im Fall von 2005 und aus früheren Jahren erhärtet. Bis auf weiteres wird Kloster Ettal kommissarisch von Prior Maurus Kraß geleitet. Der Pressesprecher des Erzbistums, Bernhard Kellner, sagte, weitere personelle Konsequenzen seien vorerst nicht erforderlich. Am selben Abend fand hinter verschlossenen Türen ein Elternabend statt.

Am Montag waren erste Missbrauchsvorwürfe gegen zwei Ordensmänner und einen weltlichen Erzieher im Ettaler Klosterinternat publik geworden. Sie beziehen sich auf Vorkommnisse in den 1970er und 80er Jahren. Einen aktuellen Fall gebe es nicht, hieß es zunächst.

Auf Vermittlung der Erzdiözese nimmt seit Dienstag der Münchner Rechtsanwalt Burkard Göpfert als externer Ansprechpartner Hinweise auf sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen in Ettal entgegen. Gymnasium und Internat des oberbayerischen Klosters gelten als Vorzeige-Bildungseinrichtung der katholischen Kirche in Deutschland.

(KNA/csr)
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