Nächstenliebe oder Kommerz Nikolaus gegen Weihnachtsmann

Mönchengladbach · Weil der Nikolaus bei den Kindern gegenüber dem Weihnachtsmann zunehmend an Bedeutung verliert, hat die katholische Kirche Kampagnen gestartet. Sie will die Werte des heiligen Bischofs in der Gesellschaft stärken.

 "Der Weihnachtsmann ist eine Witzfigur, die nicht als Vorbild taugt."

"Der Weihnachtsmann ist eine Witzfigur, die nicht als Vorbild taugt."

Foto: dpa, Wolfgang Kumm

Wenn Hubert Schüler sein festliches Bischofsgewand überzieht, seine Mitra aufsetzt, seinen goldenen Hirtenstab greift und den Gottesring trägt, ist der 76-Jährige in seinem Element. Er ist Nikolaus — seit 61 Jahren.

Abdanken möchte der Rheydter aber noch nicht. "Der Nikolaus ist meine Leidenschaft", sagt Schüler über den Heiligen Bischof Nikolaus von Myra, den er in seiner traditionellen Form darstellt.

Doch mittlerweile ist der Nikolaus im Duell gegen den Weihnachtsmann in die Ecke gedrängt worden. Der Weihnachtsmann regiert die Adventszeit. Schüler ist einer von vielen, die das heilige Vorbild wieder in die Köpfe der Menschen bringen möchten.

Nie gab es so viele Anti-Weihnachtsmann-Kampagnen wie zurzeit. Besonders in der katholischen Kirche haben sich Bündnisse gebildet, die den Heiligen Nikolaus wieder als Identifikationsfigur der Gesellschaft etablieren wollen. Sie haben es schwer.

Feindbild in den Regalen

Schon seit dem Spätsommer grüßt das Feindbild aus den Regalen im Supermarkt, mittlerweile auch wieder in der TV-Werbung. Die Kinder lieben ihn: Im Vorjahr schrieben laut Postsprecher Rolf Schulz fast 600.000 Kinder dem Weihnachtsmann, nur 20.000 dem Nikolaus.

Doch der Einsatz der Nikolaus-Befürworter trägt erste Früchte. Der Bund der Deutschen Katholische Jugend (BDJK) in Köln traf sich schon im April zu einem "Nikolaus-Gipfel", fährt nun mit einem Nikolaus-Mobil durch Deutschland. "Wir sind ausgebucht, haben sogar Anfragen aus den Niederlanden und aus England", sagt Mitorganisatorin Gaby Drehmel.

In München engagierten sich Weihbischof Engelbert Siebler und Sängerin Maite Kelly für die Kampagne "Weihnachtsmannfreie Zone" des Bonifatiuswerks der deutschen Katholiken. Der Nikolaus stehe für Wärme und Nächstenliebe, der Weihnachtsmann für Coca Cola und Kommerz, sagt die 31-jährige Mutter. "Für mich ist der Weihnachtsmann Oberflächlichkeit pur."

"Weihnachtsmann ist eine Witzfigur"

Die Nikolaus-Befürworter sehen in dem Mann, der im vierten Jahrhundert in der Nähe des heutigen Antalyas (Türkei) in Myra als Bischof tätig war, ein Vorbild. "Und Vorbilder fehlen der Jugend heutzutage", sagt Schüler. "Der Nikolaus ist ein Vertreter der Ökumene mit integrativer Kraft." Den Nikolaus kennen deutsche und türkische Kinder gleichermaßen, letztere meistens sogar noch besser, sagt Gaby Drehmel vom BDJK.

Der Weihnachtsmann liefere diese Wertevermittlung nicht, so die Gegner unisono. "Der Weihnachtsmann ist eine Witzfigur, die nicht als Vorbild taugt. Die Kinder ersticken im ganzen Konsumwahn rund um Weihnachten", sagt der 76-Jährige, der sich über besonders absurde Formen richtig ärgern kann: "Jeder Hund trägt heute eine Weihnachtsmütze, das ist unglaublich", sagt er. "Mit Besinnung hat das alles herzlich wenig zu tun."

Die Weihnachtsmann-Gegner wollen den Sinn christlicher Feste wieder ins Bewusstsein bringen. "Es ist unser Ziel, immer wieder an die Wurzeln des Christentums zu erinnern, dafür müssen wir kämpfen", sagt Schüler.

Dass das Feindbild Weihnachtsmann dabei nicht vollends verdrängt werden kann, ist dem leidenschaftlichen Nikolaus Schüler und den Organisatoren der Kampagnen klar. Wenn Schüler bei seinen Einsätzen von den Kindern nach dem Weihnachtsmann gefragt wird, ist er übrigens ganz fromm. "Wo der Nikolaus nicht hinkommt, da hilft der Weihnachtsmann", sagt er dann. Er könne den Kindern ja nicht den Weihnachtsmann nehmen. Eine Antwort, die vom Heiligen Nikolaus kommen könnte.

(RP/csr/top)
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