Jahresbericht des Justizvollzugsbeamten NRW-Gefängnisse sind zu voll

Düsseldorf · In den nordrhein-westfälischen Gefängnissen gibt es trotz freier Plätze überbelegte Zellen und zu wenig Arbeit für die Gefangenen. Außerdem säßen dort viele Gefangene, die gar nicht ins Gefängnis gehörten.

Ulmer Höh': Ein Blick in die neue JVA
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Foto: Bretz, Andreas

Das hat der Justizvollzugsbeauftragte des Landes, Michael Walter, in seinem ersten Jahresbericht kritisiert. Walter stellte den 376 Seiten starken Bericht am Montag in Düsseldorf im Beisein von Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) vor.

Trotz 1000 neuer Haftplätze gebe es weiterhin Überbelegung, berichtete Walter. Bei 427 Gefangenen sei dies im vergangenen Jahr der Fall gewesen - nach 537 im Vorjahr. Die Zahlen sind allerdings deutlich rückläufig und haben sich binnen zwei Jahren nahezu halbiert: 2009 waren noch 837 Fälle gezählt worden. Probleme gebe es dennoch etwa im Frauengefängnis in Köln-Ossendorf. Eine Ursache seien strengere Vorgaben: So sei eine Vier-Mann-Zelle im geschlossenen Vollzug nicht mehr erlaubt.

Der Justizbeauftragte wies darauf hin, dass die Überbelegung am 31. Dezember zu einem Stichtag erhoben wird, an dem die Gefängnisse wegen der Weihnachtsamnestie besonders leer seien. Die Lage werde zu anderen Zeiten noch angespannter sein. "Abhilfe ist deshalb nötig und zu fordern", heißt es in seinem Bericht. In Nordrhein-Westfalen gibt es in den 37 Gefängnissen 18 200 Haftplätze. Davon sind durchschnittlich etwa 17.200 belegt.

Verbesserungswürdig sei auch das Arbeitsangebot für die Gefangenen. Viele Häftlinge beklagten in ihren Eingaben monatelangen Leerlauf ohne Arbeit und Therapie. Es sollte geprüft werden, ob der Staat für mehr Beschäftigung in den Gefängnissen sorgen sollte. Es gehe um Arbeit, "an die auch draußen Beschäftigung anknüpfen kann", sagte Walter.

Ersatzstrafen sind zu teuer

Ein weiteres Problem seien Gefängnisstrafen wegen nicht bezahlter Geldstrafen: Die sogenannten Ersatzfreiheitsstrafen seien für den Staat teuer, aufwendig und sinnlos. "Da sitzen Menschen hinter Gittern, die der Richter da gar nicht haben will und das ist keine kleine Gruppe", sagte der Kriminologe. Die Zahl der Gefangenen, die wegen nicht bezahlter Geldstrafen einsaßen, sei sogar gestiegen. Sie lag in den vergangenen beiden Jahren um die 1100, während sie in den Vorjahren unter der Marke von 1000 Häftlingen geblieben war.

Der Justizvollzugsbeauftragte beklagte, dass seine vertrauliche Post an Gefangene mehrfach rechtswidrig geöffnet worden sei. Auch seien Beschwerdebriefe von Gefangenen verschwunden. In einem Fall habe ein Gefangener den Kontakt zum Vollzugsbeauftragten abgebrochen, weil er sich Repressalien ausgesetzt sah. "Der Fall macht uns Kummer", sagte Walter.

Kein gutes Haar ließ der Strafrechtler am Zustand der Justizvollzugsschule in Wuppertal. Unter den Lehrern gebe es erhebliche Spannungen, die Auswahl der Lehrer müsse verbessert werden. Die 2009 erfolgte Reform der Ausbildung sei halbherzig und unzureichend. Entsprechend unzufrieden seien die Schüler.

Das Justizministerium habe auf seine Kritik hin bereits umfangreiche Maßnahmen eingeleitet und auch die Position des Schulleiters neu besetzt. Das Amt des Justizvollzugsbeauftragten war von Justizminister Kutschaty Ende 2010 geschaffen worden und ersetzt den bisherigen Ombudsmann für den Strafvollzug.

(dpa)
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