"Historisch beispielloses Desaster" NSU-Ausschuss stellt vernichtendes Urteil aus

Berlin · Der Untersuchungsausschuss zur Mordserie des rechtsextremen NSU hat zum Abschluss seiner Tätigkeit ein vernichtendes Urteil über die Arbeit der Sicherheitsbehörden in Deutschland gefällt.

Stationen des NSU-Terrors
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Foto: dpa, Frank Doebert

Die zahlreichen Ermittlungspannen seien ein "historisch beispielloses Desaster" gewesen, sagte der Ausschussvorsitzende Sebastian Edathy (SPD) am Donnerstag bei der Vorstellung des Abschlussberichts des Ausschusses.

Edathy betonte die hat die Bedeutung der Prävention im Kampf gegen den Rechtsextremismus. Die Politik müsse überlegen, wie es zu schaffen sei, "dass junge Leute nicht in ein solches menschenfeindliches ideologisches Weltbild abdriften können", sagte Edathy am Donnerstag bei der Vorstellung des Abschlussberichts in Berlin. "Wenn wir es ernst meinen mit der Bekämpfung von Rechtsextremismus, dann reicht es nicht, sich erst dann mit der Frage zu beschäftigen, wenn Rechtsextremismus manifest geworden ist."

Zentrale Versprechen des Rechtsstaats - der Schutz vor Verbrechen und die unvoreingenommene Aufklärung von Straftaten - seien gegenüber den Opfern des "Nationalsozialistischen Untergrunds" (NSU) gebrochen worden, sagte Edathy. "Das ist in meinen Augen beschämend." Es müsse sichergestellt werden, "dass solche militanten terroristischen Entwicklungen nicht jenseits der (...) Radarsysteme unserer Sicherheitsbehörden sich ereignen können".

"Beschämende Niederlage"

Edathys Stellvertreter Stephan Stracke sprach von einer "beschämenden Niederlage" für die deutschen Sicherheitsbehörden. Die "Hürden des Föderalismus" seien bei den Ermittlungen oft nicht überwunden worden, sagte er mit Blick auf die Mängel der Kooperation der Länderpolizeibehörden.

In dem zuvor vom Ausschuss einstimmig gebilligten Abschlussbericht heiß es: "Die Analyse der Verfassungsschutzbehörden in Bund und Ländern zur rechtsterroristischen Gefahr war falsch und grob verharmlosend."

Für die künftige Arbeit der Polizei heißt es in dem Bericht, der mögliche rassistische Hintergrund einer Tat müsse immer geprüft werden; diese Prüfung soll außerdem nachvollziehbar dokumentiert werden. Die Ausbildung der Polizei müsse für den besseren Umgang mit Migranten auch "interkulturelle Kompetenz" vermitteln. Der Generalbundesanwalt müsse künftig anhand einheitlicher Standards prüfen, ob er die Ermittlungen zu einer möglicherweise politisch motivierten Tat übernimmt.

Ferner dringt der Ausschuss auf einheitliche Vorgaben für den Einsatz von V-Leuten. Es sei notwendig, "dass der Staat sich Grenzen gibt, wann er nicht mehr mit V-Leuten zusammenarbeitet".

Türkei zufrieden

Der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu hat das deutsche Vorgehen bei der Aufarbeitung der Mordserie des NSU gelobt. Davutoglu dankte der Bundesregierung nach einem Treffen mit seinem deutschen Kollegen Guido Westerwelle (FDP) am Donnerstag in Berlin für die "sehr entschlossene und entschiedene Haltung" Deutschlands.
"Wir schätzen das sehr", sagte Davutoglu weiter.

Westerwelle sagte zur Aufarbeitung der Mordserie, diese sei "nicht nur eine wichtige Maßnahme zur Aufklärung nach innen hier in Deutschland, es ist auch ein wichtiges Signal der Vertrauensbildung in die Welt". "Terrorismus und Extremismus haben keinen Platz in Deutschland und werden konsequent verfolgt", hob er weiter hervor.

(AFP/dpa)
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