Organspende-Prozess Staatsanwaltschaft will acht Jahre Haft für Chirurgen

Göttingen · Als der Göttinger Transplantationsskandal aufflog, sank die Zahl der Organspenden in Deutschland. Der Prozess gegen den mutmaßlich verantwortlichen Arzt geht demnächst zu Ende - nach 20 Monaten. Dem Chirurgen droht möglicherweise eine jahrelange Gefängnisstrafe.

 Der angeklagte Arzt Aiman O. (2.v.r.) steht am 27.04.2015 vor den Plädoyers der Staatsanwaltschaft im Skandal um Spender-Organe an der Universitätsmedizin (UMG) in Göttingen (Niedersachsen) mit seinen Verteidigern Ulf Aumann (l-r), Jürgen Hoppe und Steffen Stern im Landgericht.

Der angeklagte Arzt Aiman O. (2.v.r.) steht am 27.04.2015 vor den Plädoyers der Staatsanwaltschaft im Skandal um Spender-Organe an der Universitätsmedizin (UMG) in Göttingen (Niedersachsen) mit seinen Verteidigern Ulf Aumann (l-r), Jürgen Hoppe und Steffen Stern im Landgericht.

Foto: dpa, spf fdt

Im Prozess um den Organspende-Skandal an der Göttinger Universitätsmedizin will die Staatsanwaltschaft den angeklagten Chirurgen für acht Jahre hinter Gitter schicken und fordert ein lebenslanges Berufsverbot als Transplantationschirurg. Zur Halbzeit ihres Plädoyers am Landgericht Göttingen forderte Oberstaatsanwältin Hildegard Wolff am Montagmittag Einzelstrafen von jeweils bis zu drei Jahren Haft für die elf angeklagten Fälle von versuchtem Totschlag. Erst nach dem Plädoyer auch zu den drei Fällen von Körperverletzung mit Todesfolge wollte die Anklagebehörde ihren Gesamtantrag stellen. Dies wurde für den Nachmittag erwartet.

Der frühere Chef der Göttinger Transplantationsmedizin soll in elf Fällen medizinische Daten manipuliert haben, um die Wartezeit seiner Patienten auf Spenderlebern zu verkürzen und damit ihre Überlebenschance zu erhöhen. Andere schwer kranke Patienten seien deshalb möglicherweise gestorben, weil sie auf der Warteliste für Spenderorgane zurückgerutscht waren. Der Arzt habe durch seine Manipulationen den Tod dieser anonym gebliebenen Menschen billigend in Kauf genommen, sagte Wolff.

Gezielt falsche Angaben

Der Chirurg habe gezielt falsche Angaben gegenüber der Organvergabestelle Eurotransplant gemacht, sagte Wolff. So habe er etwa fälschlich angegeben, alkoholkranke Leberpatienten hätten die vorgeschriebene Abstinenzzeit von sechs Monaten bereits hinter sich. In drei Fällen soll der Chirurg Lebern ohne ausreichenden medizinischen Grund und ohne wirksame Einwilligung übertragen haben. Diese Patienten waren später gestorben.

Nebenklage und Verteidigung halten ihre Schlussvorträge voraussichtlich am Dienstag und Mittwoch. Das Urteil wird für den 6. Mai erwartet. Der angeklagte Arzt hatte die Vorwürfe in dem seit August 2013 laufenden Prozess stets bestritten. Nach Bekanntwerden des Falls war die Zahl der Spenderorgane in Deutschland deutlich gesunken.

(dpa)
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