Polizist zu Geldstrafe von über 10.000 Euro verurteilt Oury Jalloh — Tod eines Asylbewerbers

Magdeburg · Fast acht Jahre ist es her, dass der Asylbewerber Oury Jalloh in Dessauer Polizeigewahrsam den Feuertod starb. An diesem Donnerstag wurde der angeklagte Polizist zu einer Geldstrafe verurteilt. Es ist der vorläufige Höhepunkt einer jahrelangen gerichtlichen Auseinandersetzung darüber, was eigentlich im Januar 2005 in der Dessauer Zelle geschah.

Oury Jalloh: Tod in der Ausnüchterungszelle
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Die Verteidigung hatte auf Freispruch plädiert, die Staatsanwaltschaft forderte eine Geldstrafe wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassen. Die Nebenklage, die die Familie Jallohs vertritt, hält den angeklagten Polizisten der Körperverletzung mit Todesfolge und Freiheitsberaubung für schuldig. Sie geht noch immer davon aus, dass Jalloh in der Zelle angezündet worden war.

Nun ist das Urteil gefallen. Der angeklagte Polizist muss eine Geldstrafe von 10.800 Euro zahlen. Das Landgericht Magdeburg sprach den Angeklagten der fahrlässigen Tötung schuldig. Oury Jalloh war am 7. Januar 2005 in Dessau in Gewahrsam genommen worden, weil er in betrunkenem Zustand mehrere Frauen belästigt haben soll und seine Identität nicht eindeutig festgestellt werden konnte. Was danach geschah, versuchte die Justiz seit Jahren zu klären.

Erster Prozess endete mit Freispruch

Jalloh wurde von den Polizisten in eine Zelle gebracht und an Armen und Beinen gefesselt. Trotzdem soll er die Matratze, auf der er lag, selbst mit einem Feuerzeug angesteckt haben. Er starb binnen zwei Minuten durch die heißen Rauchgase. Mehrfach wurden im ersten Prozess Brandversuche durchgeführt, um jenen Tag zu rekonstruieren. Gutachter hatten ausgesagt, dass es durchaus möglich war, trotz Fesselung die Matratze in Brand zu setzen.

In dem ersten Verfahren, das 2008 endete, wurden zwei angeklagte Polizisten freigesprochen. Es war ein Urteil, dass auch den Vorsitzenden Richter nicht zufrieden stellte. Es sei kein Urteil, dass auf "Erkenntnissen" beruhe, sondern einfach "ein Ende, das aus formalen Gründen sein muss", hieß es damals in der Begründung, wie etwa die "Süddeutsche Zeitung" schrieb. Polizeibeamte hätten im Zeugenstand "bedenkenlos und grottendämlich" falsch und unvollständig ausgesagt.

Auch der Bundesgerichtshof hatte Zweifel an dem Urteil. Er hob es im Jahr 2010 wegen erheblicher Lücken in der Beweiskette wieder auf. Der BGH urteilte, der Sachverhalt, Jalloh habe sich selbst angezündet, sei "nur schwer nachvollziehbar". Das Gericht vermisse Feststellungen dazu, ob und wie für Jalloh eine Brandlegung möglich gewesen sei. Dies sei "eine wesentliche Lücke in der Beweiswürdigung". Es sei "nicht nachvollziehbar, wie sich der Brand der Matratze im Einzelnen entwickelt hat".

Der unterschwellige Rassismus-Vorwurf

Dass Dritte das Feuer entzündet haben könnten, wie es die Nebenklage für möglich hält, dafür sieht aber nicht einmal die Staatsanwaltschaft Hinweise. Eine Mitschuld des damaligen Dienstgruppenleiters am Tod des Afrikaners wurde bereits im ersten Prozess verworfen. Vielmehr wurde er angeklagt, weil er nicht schnell genug auf die Hilferufe des Mannes und die Signale der Rauchmelder reagiert haben soll.

Dabei stand indirekt auch lange der Vorwurf des Rassismus im Raum, was der Angeklagte stets von sich wies. Zudem war drei Jahre vor Jalloh schon einmal ein Mann in einer Dessauer Polizeizelle gestorben, wie etwa die "Süddeutsche Zeitung" damals schrieb. Auch damals war der Angeklagte Dienststellenleiter. Bei dem Gestorbenen handelte es sich allerdings um einen Weißen.

Der Polizist selbst hatte im Januar 2011 sein Schweigen gebrochen und in einer persönlichen Erklärung ausgesagt, dass ihm der Vorfall leid tue. Und er erklärte, dass er bei dem Alarm unterschwellig wohl an eine Fehlfunktion des Rauchmelders gedacht habe.

(das)
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