Mordfall Ermittler finden bei Peggys Leiche Uwe Böhnhardts DNA

Düsseldorf · Die neunjährige Peggy war 2001 auf dem Heimweg von der Schule verschwunden. Im Juli dieses Jahres entdeckte ein Pilzsammler ihre sterblichen Überreste in einem Wald. Ermittler haben nun DNA-Spuren des NSU-Mitglieds Uwe Böhnhardt in der Nähe des Fundortes sichergestellt.

 Gedenkstein für Peggy.

Gedenkstein für Peggy.

Foto: dpa, ebe rf sup

Das Polizeipräsidium Oberfranken und die Staatsanwaltschaft Bayreuth haben mitgeteilt, dass am Fundort der sterblichen Überreste der Neunjährigen DNA-Spuren des mutmaßlichen NSU-Terroristen Uwe Böhnhardt gefunden wurden.

Die DNA wurde nicht direkt an der Leiche des Mädchens gefunden. Wie dpa berichtet, waren am Fundort zahlreiche Spurenträger sichergestellt worden, die derzeit untersucht werden. Nach "Spiegel"-Informationen soll die DNA an einem Stück Stoffdecke festgestellt worden sein. Der Bayerische Rundfunk berichtete unter Berufung auf Polizeikreise, dass es sich um ein Stück Stoff von der Größe eines Fingernagels handele. Ob die sichergestellte DNA-Spur Böhnhardts mit dem Tod von Peggy in irgendeiner Verbindung steht ist noch ungeklärt.

"In welchem Zusammenhang diese DNA-Spur gesetzt wurde, wo sie entstanden ist und ob sie in Verbindung mit dem Tod von Peggy K.
steht, bedarf weiterer umfassender Ermittlungen in alle Richtungen, die derzeit geführt werden und ganz am Anfang stehen", teilten das Polizeipräsidium Oberfranken und die Staatsanwaltschaft Bayreuth mit.

Nach Informationen von "Spiegel Online" unter Berufung auf Ermittlerkreise, ist auch eine Verunreinigung der DNA-Probe theoretisch denkbar. Das Skelett von Peggy und die Leiche Böhnhardts seien im gleichen rechtsmedizinischen Institut untersucht worden.

Der Fall "Peggy" gilt als einer der größten ungelösten Kriminalfälle in Bayern. Ein Pilzsammler hatte im Juli die sterblichen Überreste des vor 15 Jahren ermordeten Mädchens in einem Wald im Grenzgebiet zwischen Thüringen und Oberfranken gefunden. Zuletzt hatte sich die ZDF-Sendung "Aktenzeichen XY" mit dem Fall befasst. Anschließend gingen zahlreiche neue Hinweise ein.

Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU) wird für eine Mordserie mit zehn Toten verantwortlich gemacht, außerdem für zwei verübte Bombenanschläge. Die Opfer waren vorwiegend Migranten. Neben Böhnhardt gehörten dem NSU Uwe Mundlos sowie Beate Zschäpe an, die derzeit in München vor Gericht steht.

2011 hatte Mundlos, als ihnen die Polizei auf der Spur war, Böhnhardt erschossen und sich dann selbst getötet. So zumindest ist der aktuelle Ermittlungsstand. Über mögliche Zusammenhänge zwischen dem NSU und dem Mordfall Peggy war bisher nichts bekannt.

Mehrere Mitglieder des Thüringer NSU-Untersuchungsausschusses reagierten entsetzt auf die Nachricht des spektakulären Funds. Sie verwiesen auch darauf, dass im ausgebrannten NSU-Wohnmobil Kindersachen gefunden worden seien, deren Herkunft bis heute unklar sei.

Der Münchner Rechtsanwalt Yavuz Narin sagte der Deutschen Presse-Agentur, im Umfeld des NSU seien "mehrere Personen mit Sexualstraftaten an Kindern in Erscheinung getreten". So habe einer der mutmaßlichen NSU-Waffenbeschaffer Böhnhardt des Mordes an einem neun Jahre alten Jungen in Jena bezichtigt. In den Prozessakten fänden sich weitere Namen von Männern, die zum Freundeskreis Böhnhardts zählten und zu denen sich Hinweise auf Kindesmissbrauch in den Akten fänden. Narin verwies außerdem auf den früheren Anführer des "Thüringer Heimatschutzes", Tino Brandt, der wegen Missbrauchs von Jungen im Gefängnis sitzt. Narin vertritt im NSU-Prozess die Familie eines in München ermordeten Geschäftsmannes.

Rechtsanwalt Mehmet Daimagüler, Vertreter der Nebenklage im NSU-Prozess, kündigte einen neuen Beweisantragan. Dabei sollten Einzelheiten über Kinderporno-Dateien auf einem Computer des NSU untersucht werden, sagte Daimagüler der Deutschen Presse-Agentur. Im Schutt der abgebrannten Fluchtwohnung des NSU-Trios in Zwickau war ein Datenträger mit Kinderpornomaterial gefunden worden. Man müsse herausfinden, sagte Daimagüler, "wer Kenntnis hatte und wer es draufgeladen hat - Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos, Beate Zschäpe oder alle drei".

(stk/isw/AFP/dpa)
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