Wichtige Stahlbügel geklaut Pfusch bei Kölner U-Bahn größer als befürchtet

Köln (RPO). An der U-Bahnbaustelle Heumarkt wurden offenbar mehr als 80 Prozent der wichtigen Stahlbügel geklaut und auf dem Schwarzmarkt verkauft. Ermittler prüfen jetzt, ob auch Messwerte und Statik-Berechnungen gefälscht wurden. Zwischenzeitlich soll sogar erwogen worden sein, Teile der Südstadt zu sperren. Akute Gefahr bestehe jedoch nicht. Auch die Umzüge zu Karneval seien nicht gefährdet.

Kölner Stadtarchiv: So sieht die Einsturzstelle 2009 aus
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Kölner Stadtarchiv: So sieht die Einsturzstelle 2009 aus

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Die Stadt hat am Donnerstag in einer Pressemitteilung Berichte bestätigt, wonach weiterer Pfusch beim Bau der U-Bahn-Erweiterung aufgedeckt wurde. Demnach sollen mehr als 80 Prozent der vorgeschriebenen Eisenbügel, die zur Stabilisierung der innerstädtischen Baugrube am Heumarkt vorgesehen waren, nicht eingebaut worden sein. Auch an den Baustellen Waidmarkt und am Rathaus müsse ein unzureichender Einbau von Stahlbügeln befürchtet werden, hieß es. Kahlen sprach in Bezug auf die fehlenden Metallteile von "schlimmen Erkenntnissen".

Dokumente im großen Stil manipuliert?

Nach Informationen des "Spiegels" gehen Ermittler der Staatsanwaltschaft inzwischen dem Verdacht nach, dass Mess- und Statikdokumente für den Bau der Stützwände umfassend manipuliert worden sein könnten. Sie stießen mehrfach auf identische Messprotokolle für verschiedene Abschnitte der Stahlbetonwände, der sogenannten Schlitzwandlamellen.

Rund ein Jahr nach dem Einsturz des Kölner Stadtarchivs mit zwei Toten sieht die Stadt trotz des Bekanntwerdens von weiteren Mängeln beim U-Bahn-Bau keine weitere Einsturzgefahr. Die hätten neueste Prüfungen am Freitag ergeben, sagte Stadtdirektor Guido Kahlen in Köln. Der große Karnevalsumzug am Sonntag und der Rosenmontagszug werden demnach wie geplant durch die Innenstadt führen.

In der Nähe des Waidmarkts in der Innenstadt war Anfang März 2009 das Stadtarchiv eingestürzt. Dabei kamen zwei Menschen ums Leben, zahlreiche wertvolle Archivalien wurden verschüttet. Es wird vermutet, dass das Unglück und die Fehler beim U-Bahn-Bau in Zusammenhang stehen.

Die Staatsanwaltschaft Köln geht nach eigenen Angaben allerdings davon aus, dass es keinen Zusammenhang zwischen den fehlenden Stahlbügeln und dem Einsturz des Stadtarchivs gibt. Sie ermittelt gegen Mitarbeiter einer beteiligten Baufirma wegen Untreue und Betrugs. Sie sollen die Eisenverankerungen eingespart und an Schrotthändler verkauft haben.

"Es besteht und bestand keine Gefahr"

Nach Bekanntwerden der Vorwürfe hatten die Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB) die Baugrube am Heumarkt untersuchen lassen. Dabei war nun die fehlenden Eisenbügel bemerkt worden. Experten kamen laut Stadt aber übereinstimmend zu dem Schluss, dass keinerlei Einsturzgefahr besteht. "Es bestand keine Gefahr, und es besteht keine Gefahr", sagte auch der KVB-Vorstandssprecher Jürgen Fenske am Freitag. KVB und beteiligte Baufirmen kündigten aber an, vorsichtshalber werde es weiterhin regelmäßige Untersuchungen und Messungen geben.

Zu einem Bericht des "Spiegel", wonach die Stadt zeitweise die Evakuierung von Teilen der Innenstadt erwogen habe, sagte Kahlen, kurzzeitig sei überlegt worden, einen kombinierten Fuß-Radweg an der U-Bahnbaustelle Waidmarkt zu sperren. Das Nachrichtenmagazin hatte berichtet, Stadt, Feuerwehr und Verkehrsbetriebe hätten am 28. Januar großräumige Evakuierungen um den Waidmarkt vorbereiten lassen.

Grund seien Sicherheitsbedenken beim U-Bahn-Bau gewesen, die die Kölner Staatsanwaltschaft der KVB zwei Tage zuvor weitergeleitet habe. Nach einer Prüfung durch Sachverständige sei der Notfallplan aber fallengelassen worden.

(DDP/csi)
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