Lynch-Mob im Internet nach Mordfall in Emden Polizei muss 17-Jährigen beschützen

Emden · Freilassung im Mordfall der elfjährigen Lena: Die Ermittler in Emden schließen nun aus, dass der zunächst verhaftete 17-jährige Berufsschüler den Mord begangen hat. Der Junge ist Opfer eines tragischen Irrtums. Der Staatsanwalt verbürgt sich für die Sicherheit des Jungen. Hetzaufrufen im Internet werde man entschlossen entgegentreten.

 Staatsanwalt Bernard Südbeck gibt sich überzeugt, den Täter von Emden finden zu können.

Staatsanwalt Bernard Südbeck gibt sich überzeugt, den Täter von Emden finden zu können.

Foto: dpa, Michael Bahlo

Nach der Freilassung des zunächst verhafteten 17-jährigen Jugendlichen sucht die Staatsanwaltschaft weiter nach dem Täter. Allerdings gingen die Ermittlungen nun nicht von vorne los, sagte der Leitende Oberstaatsanwalt, Bernard Südbeck, am Freitag in Emden. Es werde mit Hochdruck weitergearbeitet. "Wir sind auf einem sehr guten Weg. Und ich bin nach wie vor sehr zuversichtlich, dass wir den Täter des Morddelikts auch bekommen werden."

Am Samstagabend war die Leiche der ermordeten Elfjährigen in einem Parkhaus in der Innenstadt von Emden entdeckt worden. Die Polizei geht von einem Sexualdelikt aus. Der zunächst festgenommene 17-Jährige war am Freitagvormittag überraschend aus der Untersuchungshaft entlassen worden. "Die Indizien, die gegen ihn vorlagen sind durch Fakten, die wir herausgearbeitet haben widerlegt worden", sagte Südbeck. Es lägen Fakten vor, "die eine Täterschaft des Jugendlichen ausschließen".

Staatsanwalt: "Mussten den Haftbefehl erlassen"

Südbeck verteidigte darüber hinaus das Vorgehen der Ermittler. "Wir mussten diesen Haftbefehl beantragen, da zu diesem Zeitpunkt ein dringender Tatverdacht bestand. Die Festnahme war kein Fehler", sagte der Staatsanwalt. Nach dem Gesetz seien die Ermittler gehalten, eine Person die dringend tatverdächtig sei festzunehmen und auch bis zum Ablauf des nächsten Tages in Untersuchungshaft zu nehmen.

Mit Blick auf die Sicherheit des Jugendlichen sagte der Staatsanwalt: "Wir werden Hetzaufrufen in sozialen Netzwerken mit Nachdruck entgegen treten und auch gegebenenfalls Ermittlungsverfahren gegen Personen einleiten, die solche Aufrufe tätigen". "Für die Sicherheit des Jungen ist gesorgt, dafür kann ich mich verbürgen", versicherte Südbeck. Über das soziale Netzwerk Facebook war ein entsprechender Appell verbreitet worden.

Polizeigewerkschaft will Lynchjustiz-Aufrufe vorgehen

Nach den Lynchjustiz-Aufrufen im Internet gegen den inzwischen als unschuldig eingestuften Verdächtigen im Emder Mädchenmordfall hat die Gewerkschaft der Polizei (GdP) ein energisches Vorgehen gegen die Urheber gefordert. "Wer hinter den Lynchaufrufen steckt, muss die volle Härte des Gesetzes zu spüren bekommen. Es darf nicht toleriert werden, dass einige soziale Netzwerker glauben, in unserem Rechtsstaat Wild-West-Methoden wiederbeleben zu dürfen", erklärte GdP-Bundeschef Bernhard Witthaut am Freitag in Berlin.

Aufrufe zur Lynchjustiz hatte es auch bei einem Auflauf von rund 50 Personen vor einer Polizeiwache gegeben. Ermittler in Emden hatten die aufgeheizte Stimmung sowie die im Internet verbreiteten Drohungen und Denunziationen mutmaßlicher Täter ebenfalls scharf kritisiert. Sie würden die Verantwortlichen mit aller strafrechtlichen Härte verfolgen, erklärten sie.

(APD/AFP)
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