Anschläge in Hamburg und Berlin Polizeigewerkschaft spricht von Kriegserklärung

Berlin/Hamburg/Düsseldorf (RPO). Politisch motivierte Kriminalität hat die Polizei in Hamburg und Berlin in der Nacht zum Freitag in Atem gehalten. In der Hansestadt brannte ein Polizeiwagen völlig aus, ein anderer wurde schwer beschädigt, in der Hauptstadt wurden drei Molotow-Cocktails auf ein Gebäude des Bundeskriminalamts geworfen. Menschen kamen in beiden Fällen nicht zu Schaden.

In Berlin beschädigten drei Brandsätze die Fassade eines Gebäudes auf dem Gelände des Bundeskriminalamtes im Stadtteil Treptow. Wie die Polizei mitteilte, warfen die Täter auch noch mehrere Pflastersteine und mit Farbe gefüllte Flaschen über den Zaun an das zweistöckige Haus. Anschließend flüchteten die Unbekannten und hinterließen auf der Fahrbahn mehrere so genannte "Krähenfüße", die Reifen zerstechen können. "Das ist eine Kriegserklärung an den Rechtsstaat", sagte Reiner Wendt, der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DpoIG), gegenüber "Spiegel Online".

Ein Zusammenhang mit der in Bremen tagenden Innenministerkonferenz könne nicht bestätigt werden, sagte der Polizeisprecher, da es kein Bekennerschreiben gebe. Zwei weitere Attacken, allerdings mit Farbbeuteln und einem Farbeimer, wurden gegen das Büro der Bundestagsabgeordneten Petra Merkel (SPD) in Charlottenburg und ein CDU-Büro in Zehlendorf verübt.

Etwa zehn Täter in Hamburg

In Hamburg griff eine Gruppe aus etwa zehn Vermummten ein Polizeirevier mit Steinen an und zündeten einen geparkten Streifenwagen an. Sie flüchteten nach der Tat, wie ein Polizeisprecher mitteilte. An der Wache wurden Scheiben eingeworfen, der Streifenwagen brannte aus, ein weiterer wurde schwer beschädigt. Der Vorfall ereignete sich im Schanzenviertel, wo es regelmäßig zu Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Autonomen kommt.

Später in der Nacht brannten in einem anderen Stadtteil noch zwei Behördenfahrzeuge aus. Die Wagen waren in der Nähe einer Ausländerbehörde und des Zolls geparkt.

Gewerkschaft und SPD verurteilen Anschlag

Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) und der Hamburger SPD-Landeschef Olaf Scholz verurteilten den Anschlag. Landes-Gewerkschaftschef Joachim Lenders sagte: "Der brutale, hinterhältige und feige Angriff auf das Polizeikommissariat 16 in der Lerchenstraße hat Wut, Empörung und Betroffenheit bei Hamburgs Polizisten ausgelöst." Er sprach von einem "brutalen und feigen Anschlag auf das Leben unserer Kollegen". SPD-Chef Scholz sagte: "Das sind Vorfälle, die wir aus Hamburg wie aus ganz Deutschland bisher nicht kennen." Er nannte den CDU/Grünen-Senat bei der inneren Sicherheit "wenig glaubwürdig."

Mysteriöse Anschlags-Serie

Berlin wird bereits seit 2008 von stetig zunehmenden Anschlägen auf Privat-Fahrzeuge in Atem gehalten. Alleine 2009 hat es laut Polizei 209 direkte Angriffe auf Fahrzeuge gegeben, 74 Pkw seien in Mitleidenschaft gezogen worden. Von den 209 Anschlägen hätten 137 nach Ermittlungen des Staatsschutzes einen politischen Hintergrund, sagte ein Berliner Polizeisprecher auf Anfrage unserer Redaktion. Zu der Frage, wie die Polizei feststelle, ob es sich um eine politische motivierte Tat handel, wenn - wie in den meisten Fällen - kein Bekennerschreiben vorliegt, wollte er sich nicht äußern.

Auch in Hamburg wurde das Anzünden von offenbar zum Volksport. 2009 zählte die Polizei laut "Spiegel Online" 150 in Brand gesetzte Autos, im Vorjahr waren nur eine Handvoll. Die Ermittler gehen aber nur in 16 Fällen von politisch motivierten Taten aus.

(AP/sdr)
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