Aufmärsche mit Totenmasken Rechtsextreme nennen sich unsterblich

Düsseldorf · Eine neue rechte Form breitet sich in NRW aus. Die Bewegung nennt sich "Die Unsterblichen". Die Aktivisten verstecken sich hinter Totenmasken und ziehen mit Fackeln durch die Städte. Der Düsseldorfer Neonazi Sven Skoda soll die Aufmärsche bis zu seiner Festnahme organisiert haben.

Sie tragen schwarze Kapuzenpullover und verbergen ihre Gesichter hinter weißen Totenmasken. Ihre Gesinnung ist braun. Ihre Maskerade erinnert an den rassistischen Geheimbund Ku-Klux-Klan. Eine neue rechte Bewegung macht seit einiger Zeit mit Fackelzügen in Nordrhein-Westfalen auf sich aufmerksam.

Sie nennen sich die Unsterblichen. "Wir sind junge Deutsche, die sich auf öffentlichen Plätzen zusammenfinden, um auf das Schandwerk der Demokraten aufmerksam zu machen", schreiben sie auf ihrer Internetseite. "Die peinlichen und unsinnigen Taten der Demokraten (...) haben eine Sache gemein: Sie führen in ihrer Gesamtheit zum Tod des deutschen Volkes", heißt es weiter auf der Seite.

Damit seien sie ganz klar antidemokratisch, sagt Alexander Häusler, Experte für Rechtsextremismus an der Fachhochschule Düsseldorf. "Sie verstoßen gegen die Grundrechte und -werte unseres Staates und unserer Gesellschaftsordnung." In NRW treten die Unsterblichen, die aus der ostdeutschen rechten Bewegung Spreelichter hervorgegangen sind, seit etwa einem Jahr öffentlich in Erscheinung.

Zuletzt mischte sich eine 20-köpfige Gruppe der Unsterblichen beim Rosenmontagszug in Essen unter die Karnevalisten. Zunächst unbemerkt liefen die Rechten minutenlang als Fußgruppe beim Zug mit. Dabei hielten sie ein Transparent mit der Aufschrift "Aufwachen! Die Demokraten bringen uns den Volkstod". Erst als einige Zuschauer die Rechten erkannten, flüchteten sie in einen U-Bahnhof — bevor sie von der Polizei festgenommen werden konnten.

Zuvor verteilten sie Flugblätter mit braunen Hetzschriften und dem Hinweis auf ihre Internetseite. Davor marschierten sie in NRW unter anderem mit Fackeln im westfälischen Hamm und in Düsseldorf, dort am 8. November 2011, dem Vorabend des Jahrestages der Reichspogromnacht. Dabei sollen sie verbotene Lieder der Hitlerjugend gegrölt haben, als sie durch die Straßen zogen.

Beim Verfassungsschutz steht die rechte Gruppierung als "Aktionsform der Neonaziszene" unter Beobachtung. Nach Erkenntnissen des Innenministeriums handelt es sich bei den Unsterblichen nicht um eine zentral gesteuerte eigenständige Bestrebung oder Organisation, sondern um ein lockeres Bündnis, das unabhängig von den örtlichen rechten Szenen agiert und dem sich jeder Rechtsextremist anschließen kann.

Maßgeblich verantwortlich für die Aufmärsche der Unsterblichen in NRW soll der mittlerweile festgenommene Düsseldorfer Neonazi Sven Skoda (34) sein. "Er war definitiv dabei", sagt Alexander Häusler, Autor mehrerer Bücher über Rechtspopulismus und Kenner der rechten Szene in Düsseldorf. Skoda war am 13. März im Rahmen einer bundesweiten Razzia gegen Mitglieder des "Aktionsbüros Mittelrhein", das seit Jahren Nazi-Aufmärsche organisiert, von Ermittlern der Koblenzer Staatsanwaltschaft festgenommen worden — unter anderem wegen der Unterstützung einer kriminellen Vereinigung. Bei den Durchsuchungen sollen nach Informationen unserer Zeitung auch weiße Masken, schwarze Pullover und Plakate der Unsterblichen sichergestellt worden sein.

Das Muster ihrer Aufmärsche ist immer gleich: "Sie dauern nie länger als eine halbe Stunde und sind meistens spontan, damit die Teilnehmer von der Polizei nicht gefasst werden können", sagt Alexander Häusler. Ihre Fackelzüge stellen die Aktivisten mit kämpferischer Musik unterlegt als Video ins Internet.

"Mit einfachen Mitteln erzeugen sie große Effekte, die zur Nachahmung animieren", erklärt der Kenner der rechten Szene. Die Unsterblichen verbinden den klassischen Nationalsozialismus mit den kulturellen und technischen Möglichkeiten des digitalen Zeitalters und kopieren Auftritte von Autonomen, Linken und der Occupy-Bewegung.

Mit Flashmobs, also übers Internet organisierten spontanen Treffen, und mit Auftritten auf Volksfesten versuchen sie — anders als die NPD — ihrer Bewegung einen jugendlichen Anstrich zu geben. Ihre Botschaften richten sich gezielt an Jugendliche, die ein rechtsgerichtetes Weltbild haben.

"Aber sie wollen auch innerhalb der Neonazi-Szene mit ihren Videos angeben nach dem Motto: Seht her, was wir für Aktionen durchführen können", erklärt Häusler. Trotz der Festnahme eines der führenden Aktivisten befürchtet der Wissenschaftler weitere Fackelzüge in NRW. "Der Spuk geht auch ohne Sven Skoda weiter. Sie werden weitermachen."

(RP/csi/das)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort