Todesdekret gegen iranischen Rapper Religionsexperte sieht keine Lebensgefahr

Teheran · Ein Todesdekret gegen einen iranischen Rapper ist nach Auslegung eines Experten jetzt doch nicht so schlimm. Allerdings würde schon ein glühender Fanatiker genügen, um diese These zu widerlegen.

 Für den in Deutschland lebenden iranischen Rapper Shahin Najafi besteht nach Ansicht eines Experten trotz eines Todesdekrets keine direkte Lebensgefahr.

Für den in Deutschland lebenden iranischen Rapper Shahin Najafi besteht nach Ansicht eines Experten trotz eines Todesdekrets keine direkte Lebensgefahr.

Foto: Screenshot, shahinnajafimusic.com

Für den in Deutschland lebenden iranischen Rapper Shahin Najafi besteht nach Ansicht eines Experten trotz eines Todesdekrets keine direkte Lebensgefahr. Der iranische Großajatollah Lotfollah Safi-Golpaygani hatte gegen den 31-jährigen Rapper nach Medienauffassung ein Todesdekret erlassen, weil er in seinem Song "Naqi" den zehnten Imam der schiitischen Muslime, Naghi, beleidigt habe. Dem wiedersprach am Donnerstag in Teheran ein Religionsexperte: "Der Großajatollah hat direkt kein Todesurteil erstellt, sondern auf eine Frage über Beleidigung der schiitischen Heiligkeiten geantwortet."

Großajatollah Safi-Golpaygani gilt im Iran als eine der Leitfiguren, deren Anhänger sie nach verschieden Themen befragen, und deren Antworten sie dann befolgen oder ausführen müssen. Die Anhänger Safi-Golpayganis hatten ihn gefragt, was sie seiner Meinung nach gegen die Beleidigungen gegen Imam Naghi im Internet unternehmen sollten. Der Großajatollah hatte darauf geantwortet: "Falls es eine Beleidigung und jegliche Impertinenz gegen den Imam (Naghi) gegeben haben sollte, dann ist es Blasphemie und Gott weiß (was zu tun ist)."

Die Antwort des Großajatollahs wurde von der iranischen Presse als Todesdekret gegen Najafi ausgewertet, da der Titel "Naqi" von diesem komponiert, gesungen und ins Internet gestellt wurde. "Die Interpretation der hiesigen Presse ist zwar nicht falsch, weil Frage und Antwort sich beide auf Najafi beziehen, aber die Fatwa war eher die islamische Anweisung, wie mit solchen Leuten laut Islam umzugehen ist, nicht aber als direkter Aufruf für dessen Ermordung zu verstehen", sagte der Experte, der wegen des heiklen Themas anonym bleiben wollte.

Außerdem sei Safi-Golpaygani nicht auf der gleichen Höhe zu sehen wie der verstorbene religiöser Führer des Irans, Ajatollah Ruhollah Chomeini, der im Februar 1989 das Todesdekret gegen den britischen Autor Salman Rushdie erlassen hatte. Rushdie, dem damals Gotteslästerung in seinem Buch "Die Satanischen Verse" unterstellt wurde, musste jahrelang um sein Leben bangen. Safi-Golpaygani habe weder den Status Chomeinis noch die gleiche Anzahl von Anhängern, so der Experte. Beobachter aber sagen, dass auch ein einziger Anhänger ausreichen würde, den Rapper nach dem Dekret in Gefahr zu bringen.

In dem Song Naqi ruft der Rapper den zehnten Imam auf sarkastische und auch zum Teil obszöne Art auf, wieder auf die Welt zu kommen, um den apokalyptischen Zuständen im Iran ein Ende zu bereiten. Das Stück gilt auch für junge Iraner als zu extrem.

Najafi war im Iran ein Untergrundmusiker und politischer Aktivist, bevor er 2005 nach Deutschland auswanderte. Im Iran werden seine Songs und Alben entweder auf dem Schwarzmarkt gekauft oder im Internet heruntergeladen. Vielen gilt er als der "iranische Eminem".

(dpa)
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