Nach gewaltsamen Auseinandersetzungen Salafisten sollen Auflösung anstreben

Berlin/Mönchengladbach (RP). Geben die Salafisten in Mönchengladbach auf? Nach Informationen unserer Redaktion hat der umstrittene islamistische Verein "Einladung zum Paradies" (EZP) seine Auflösung für die nächsten Tage angekündigt. Ein Mitarbeiter des Vorsitzenden Sven Lau bestätigte nur, dass darüber nachgedacht werde.

Am Freitag Nachmittag war es im Mönchengladbacher Stadtteil Eicken zu einer gewaltsamen Auseinandersetzung zwischen Salafisten und einer Bürgerinitiative gekommen. Nach dem Freitagsgebet in einem Garagenhof griffen nach Polizeiangaben EZP-Anhänger den Sprecher der Bürgerinitiative an und verletzten ihn. Die Bürger hatten sich in der Nähe des Gebetsortes zur Mahnwache getroffen.

Derweil erklärten die muslimischen Verbände in Deutschland wie der Zentralrat der Muslime (ZMD) und die Türkisch-Islamische Union (Ditib), dass sie im Kampf gegen den Islamismus enger mit den staatlichen Stellen zusammenarbeiten wollen. Das ist das Ergebnis des "Präventionsgipfels", zu dem Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) gestern muslimische Verbände sowie Sicherheitsexperten von Bund und Ländern eingeladen hatte.

Zugleich wehrten sich die Islam-Verbände allerdings gegen eine Vorverurteilung. "Es wäre fatal, wenn die mehr als vier Millionen Muslime in Deutschland unter Generalverdacht gestellt würden", sagte ZMD-Vorsitzender Aiman Mazyek. Die Salafisten seien eine "verschwindend kleine Minderheit", der man nicht zu viel Aufmerksamkeit schenken solle.

Friedrich sagte, das Treffen sei ein Signal, dass man den Kampf gegen Radikalisierung und Terror aufnehmen wolle, und auch der Auftakt zu einer "Sicherheitspartnerschaft" zwischen Behörden und Muslimen. Empört reagierte er auf den Vorwurf, er wolle, dass Muslime sich gegenseitig bespitzeln: Es gehe nicht um eine "Kultur der Denunziation", sondern um gemeinsames Vorgehen gegen gewaltbereite Gruppen. Zudem kündigte der Innenminister eine bessere Vernetzung vorhandener Initiativen und Präventionsprogramme an.

Verfassungsschutz warnt vor Salafismus

Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Heinz Fromm, warnte vor dem Salafismus, der der geistige Nährboden für alle bisherigen Anschlagsversuche von islamistischen Terroristen in Deutschland gewesen sei. Der Chef des Bundeskriminalamts, Jörg Ziercke, wies auf die Gefahren des Internets hin. Als konkretes Beispiel nannte er das Attentat durch einen 21-jährigen Kosovaren am Frankfurter Flughafen im März, bei dem zwei US-Soldaten getötet wurden — der bundesweit erste vollendete islamistisch motivierte Anschlag.

ZMD-Vorsitzender Mazyek sagte eine engere Zusammenarbeit zu, betonte aber, dass "Muslime nicht das Problem", sondern "Teil der Lösung" seien. Er forderte mehr Geld für Präventionsarbeit, für politische Bildung und Anti-Extremismusprogramme. Mehr Mittel würden nicht bereitgestellt, sagte Friedrich.

Indes scheint der radikal-islamistische Prediger Pierre Vogel an Rückhalt in der Salafisten-Szene zu verlieren. Der frühere Vorsitzende des mit Vogel kooperierenden Mönchengladbacher Vereins "Einladung zum Paradies", Muhamed Ciftci, schrieb in einer E-Mail an etwa 5000 Anhänger: "Wir sollten nicht (...) wie Vogel zum Sieg des Islam rufen. Jugendliche könnten das falsch verstehen, und aus Religion kann, ohne dass Vogel dies beabsichtigt, Extremismus und Gewaltbereitschaft entstehen." Auf seiner Internetseite kündigt Vogel einen Auftritt in Hamburg am 9. Juli an.

In Mönchengladbach wird befürchtet, dass sich die Salafisten in den Untergrund begeben könnten. Nachdem Pierre Vogel in einer Internetbotschaft seine Anhänger aufgerufen hatte, Missionierungs-Zentren in Privatwohnungen zu gründen, machte die Nachricht die Runde, dass sich "Einladung zum Paradies" in den nächsten Tagen auflösen wolle. Ein Mitarbeiter des Vorsitzenden Sven Lau bestätigte, dass über eine Auflösung zurzeit nachgedacht werde. "Noch besteht der Verein, und deshalb geht die Arbeit des Staatsschutzes weiter", so ein Polizeisprecher. In Mönchengladbach hatte es viele Proteste gegen die Salafisten gegeben.

(RP)
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