Massenkarambolage auf A 19 Sandstürme auch in NRW möglich?

(RP). Nach der Massenkarambolage auf der Autobahn 19 nahe Rostock schüren Ermittlungen wegen fahrlässiger Tötung gegen die Autofahrer Unsicherheit in der Bevölkerung. Wären auch in Nordrhein-Westfalen solch verheerende Stürme möglich? Ein Experte gibt Antworten.

Massenkarambolage nach Sandsturm
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Zwei Tage brauchten Bergungshelfer und Mitarbeiter der Autobahnmeisterei, um die Spuren der verheerenden Massenkarambolage mit acht Toten auf der Autobahn 19 zu beseitigen. Erst am Sonntag wurde das letzte Lkw-Wrack geborgen. An der Fahrbahndecke waren umfangreiche Reparaturen nötig gewesen, bis auch die Fahrbahn in Richtung Rostock wieder für den Verkehr freigegeben werden konnte. Derweil ringt ein Verletzter weiter mit dem Tod.

Die Karambolage war vermutlich durch einen Sandsturm ausgelöst worden. Von einem angrenzenden Feld hatten Windböen der Stärke acht bis neun gewaltige Staubwolken auf die Fahrbahn geweht, die den Autofahrern die Sicht nahmen. Die Rostocker Staatsanwaltschaft ermittelt nun, ob Autofahrer ihr Tempo und den Sicherheitsabstand nicht ausreichend an die schwierige Witterung angepasst hatten. Es ergebe sich der Verdacht der fahrlässigen Tötung und Körperverletzung, sagte Staatsanwältin Maureen Wiechmann. Mehrere Unfallfahrzeuge wurden beschlagnahmt.

Gegen den Landwirt, der das Feld kurz vor dem Sturm gepflügt hatte, werde hingegen nicht ermittelt. Der Sandsturm sei ein Naturereignis, auf das Fahrer sich einstellen könnten, sagte Wiechmann. Der Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland hatte der Landwirtschaft nach Medienberichten eine Mitschuld an dem Sandsturm gegeben, weil diese die Böden vernachlässigt hätte.

Sandsturm in NRW nicht unmöglich

In den meisten Gegenden Nordrhein-Westfalens sei die Gefahr solcher Staubwolken aufgrund anderer Bodenverhältnisse geringer als im Nordosten Deutschlands, sagte der Vorsitzende der Kreisbauernschaft Geldern, Heinz Lax, unserer Redaktion. "Dort gibt es sehr sandige Böden." Außerdem seien durch die Schaffung der sogenannten Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG) in der DDR größere Felder entstanden, die anfälliger für Erosion seien.

Trotzdem könne ein ähnlicher Sandsturm auch in NRW nicht völlig ausgeschlossen werden. Vor allem entlang der holländischen Grenze gebe es ebenfalls sandigere Böden. "Richtung Rhein wird der Boden dann aber schwerer und lehmiger", erläuterte der Bauernvertreter.

Außerdem beugten die Landwirte der Erosion vor. "Wir schauen, dass der Boden nur geringe Zeit kahlliegt und versuchen, die Felder dann zu pflügen, wenn der Boden feucht ist." Auch die Verwendung von Gründünger könne helfen: Das sind Pflanzen, die gesetzt werden, um den Boden gesund zu halten. Sie sterben im Winter zwar ab, die Wurzeln aber schützen den Boden auch noch im Frühjahr gegen den Wind. Zu dieser Prävention seien die Landwirte nicht nur gesetzlich angehalten, betonte Lax: "Wir haben ja auch ein Interesse, den guten Boden dort zu halten, wo er ist."

Bislang forderte das Unglück, bei dem am Freitag rund 80 Autos mit insgesamt 110 Insassen ineinander gefahren waren, acht Opfer. Vier von ihnen stammen aus Mecklenburg-Vorpommern. Es ist der schwerste Unfall in der Geschichte des Bundeslandes. Die übrigen Opfer kommen aus Berlin, Brandenburg und Sachsen-Anhalt.

Der schwere Unfall könnte auch die Debatte um Tempolimits auf Autobahnen neu beleben. Dies regte jedenfalls Mecklenburg-Vorpommerns Verkehrsminister Volker Schlotmann (SPD) an. Am Unfallort gab es keine Geschwindigkeitsbeschränkung.

(RP)
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