Christliche Traditionen und Kinderbücher im Visier Sankt Martin und die Frage politischer Korrektheit

Düsseldorf · Die Linke will muslimischen Kindern in NRW-Kitas nicht mehr die christliche Tradition von Sankt Martin aufzwingen. Sie fordert eine Umbenennung des Festes. Es ist nicht das erste Mal, dass eine christliche Tradition zum Mittelpunkt der Debatte von politischer Korrektheit wird.

Sankt Martin abschaffen?: Das sagen unsere Leser
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Foto: Sabine Kricke

Und dabei bleibt es nicht: Auch bei Kinderbüchern und Nahrungsmitteln hagelte es schon mal Kritik.

"In vielen NRW-Kitas gibt es einen hohen Anteil von muslimischen Kindern", erklärt Rüdiger Sagel, Vorsitzender der Linken in NRW. "Ihnen sollte man christliche Tradition nicht aufdrängen." Er fände es gut, wenn sich alle Kinder angesprochen fühlten und kein Kulturkreis diskriminiert werde — und schlägt vor, statt Sankt Martin ein "Sonne-Mond-und-Sterne-Fest" zu feiern.

Damit bringt Sagel eine Idee auf, die etwa der kulturpolitische Sprecher der CDU im NRW-Landtag akls "Schnapsidee" bezeichnet. Und auch bei den Muslimen kann er keine Fürsprecher gewinnen. Aiman A. Mazyek, Vorsitzender des Zentralrats der Muslime in Deutschland, stört es nicht, wenn Martinsumzüge auch als Martinsumzüge bezeichnet werden. Dass Sankt Martin ein katholischer Heiliger sei, stelle für Muslime keinen Hinderungsgrund dar, an den Umzügen teilzunehmen, sagte er der "Welt". Er selber habe das als Kind getan. "Das Leben des heiligen Martin ist doch geradezu vorbildlich, auch für Muslime."

Die Niederlande und die Sinterklaas-Debatte

Und dennoch stößt Sagel in eine Debatte, die auch unsere Nachbarn kennen — dort ging sie aber um Rassismus. Denn es ist gerade mal ein paar Tage her, da kochte in den Niederlanden die Diskussion hoch, ob denn der Sinterklaas rassistisch sei. Diesen Vorwurf hatte die Vereinten Nationen erhoben und forderte die Abschaffung des Festes.

Der Grund: Zwarte Piet, der schwarze Helfer von Sinterklaas. Er bringt zwar den Kindern die Geschenke, macht Späße und seine schwarze Farbe stammt laut Piet-Experten vom Ruß in den Schornsteinen. Doch in Nikolausliedern werden Zeilen wir "Auch wenn du schwarz bist wie Ruß, du meinst es nur gut" gesungen. Entsprechend heftig wurde das Thema in unserem Nachbarland diskutiert — und das nicht zum ersten Mal. Für die UN-Expertin Verene Shepherd jedenfalls steht fest: "Das Fest ist eine Rückkehr zur Sklaverei."

Immer wieder gibt es aber auch hierzulande und anderenorts Diskussionen über Rassismus in Büchern oder auch bei Nahrungsmitteln. Erst im Oktober machte eine Forderung des "Forum für Sinti und Roma" in Hannover die Runde, die von Lebensmittelherstellern die Abschaffung des Begriffs Zigeunersoße forderten. Die Branche aber hielt den Begriff nicht für diskriminierend — und bleibt im Moment dabei. In den Kantinen der Stadt Hannover aber gibt es kein Zigeunerschnitzel und auch keine Zigeunersoße mehr.

Von "Tim und Struppi" bis "Pipi Lamgstrumpf"

Anfang des vergangenen Jahres sorgte zudem der Comic "Tim im Kongo" für Aufregung. Ein Kongolese hatte dem "Tim und Struppi"-Zeichner Hergé Rassismus vorgeworfen, weil der Comic, der erstmals Anfang der 1930er Jahre erschien, als der Kongo noch Kolonie war, die Schwarzen primitiv darstelle und ihne unterstelle, nicht einmal richtig Französisch sprechen zu können. Die belgische Justiz — der Fall kam vor Gericht — lehnte es aber ab, den Verkauf des Comics zu verbieten.

Ohnehin stehen immer wieder Kinderbücher in der Kritik — und in manchen Beispielen gab es auch Änderungen. So strich etwa der Verlag Friedrich Oetinger die Worte "Neger" und "Zigeuner" 2009 aus Astrid Lindgrens Werk "Pipi Langstrumpf". Statt "Negerkönig" nennt Pipi ihren Vater nun "Südseekönig". Und auch über Otfried Preusslers Buch "Die kleine Hexe" wurde diskutiert, weil darin das Wort "Negerlein" zu finden ist. In der Neuausgabe jedenfalls wurde aus dem "Negerlein" der "Messerwerfer".

Linke: St. Martin abschaffen wg. unserer Musilime. Wird Weihnachten jetzt Tag der Arbeit? Jesus war Handwerker!

(das)
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