Zahlreiche Fälle an Elite-Schule in Berlin Sexueller Missbrauch an Jesuiten-Gymnasium

Berlin (RPO). An einem als Eliteschule geltenden Berliner Jesuiten-Kolleg hat es jahrelang einen sexuellen Missbrauch von Schülern durch Priester gegeben. Der Rektor des Canisius-Kollegs, Pater Klaus Mertes, schrieb in einem am Donnerstag bekannt gewordenen Brief an 500 ehemalige Schüler, dass mindestens zwei katholische Pater in den 70er und 80er Jahren die Straftaten begangen hätten. Das Berliner Landeskriminalamt nahm Ermittlungen auf.

Sexueller Missbrauch an Berliner Eliteschule
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"Mit tiefer Erschütterung und Scham habe ich diese entsetzlichen, nicht nur vereinzelten, sondern systematischen und jahrelangen Übergriffe zur Kenntnis genommen", schrieb Pater Mertes an die früheren Schüler. Vor Journalisten sagte er, im Jahr 2004 erstmals durch zwei Schüler erfahren zu haben, sexuell missbraucht worden zu sein. Im Dezember und Januar hätten sich dann im Anschluss an Jahrgangstreffen fünf weitere Opfer - alle sind männlich und heute deutlich über 40 Jahre alt - gemeldet.

Laut Mertes sprachen alle sieben Opfer von jeweils einem Missbrauch. Da es sich aber bei den Übergriffen um ein identisches Vorgehensmuster handle, gehe er von deutlich mehr Fällen aus, sagte der Geistliche. Die beiden unter Verdacht stehenden Pater haben die Schule und auch den Jesuiten-Orden nach Angaben von Mertes in den 80er Jahren verlassen und sind seitdem nicht mehr an einer Schule tätig gewesen. Unter welchen Umständen sie das Kolleg verlassen haben, sei unklar und solle untersucht werden.

Mertes sagte, er sei auf Wunsch der zwei Männer, die ihn als erstes angesprochen hätten, nicht schon früher an die Öffentlichkeit gegangen. Ihn quäle selbst die Frage, ob er nicht schon früher etwas hätte sagen müssen. "Ich verstehe meinen Schritt nicht als Flucht nach vorne, sondern als einen Akt der Verantwortung, die ich gegenüber den Opfern habe."

Landeskriminalamt ermittelt gegen Männer

Um die Fälle kümmert sich die Berliner Rechtsanwältin und Mediatorin Ursula Raue, die bereits vor drei Jahren von den Jesuiten zur Betreuung von Missbrauchsfällen berufen worden war. Raue schrieb die beiden mutmaßlichen Täter laut Mertes in der vergangenen Woche an. Der Berliner "Tagesspiegel" zitierte sie in seiner Online-Ausgabe mit den Worten, dass zumindest einer der beiden Männer die Taten nicht bestreite.

Wie eine Sprecherin der Berliner Staatsanwaltschaft sagte, übernahm das Landeskriminalamt von Amts wegen Ermittlungen gegen die zwei verdächtigen Männer. Deren Taten dürften allerdings verjährt sein, da es sich laut Raue vom Schweregrad des Missbrauchs her um Fälle handelt, die zehn Jahre nach dem 18. Geburtstag des Opfers verjähren. Nur bei besonders schweren Fällen von sexuellem Missbrauch dauert die Verjährungsfrist 20 Jahre.

Der Schulleiter gab in seinem Schreiben dem gesamten früheren Kollegium und den Jesuitenpater eine Mitverantwortung an den Taten. "Es gehört auch zur Erfahrung der Opfer, dass es im Canisius-Kolleg und im Orden bei solchen, die eigentlich eine Schutzpflicht gegenüber den betroffenen Opfern gehabt hätten, ein Wegschauen gab. " Nach den Worten von Mertes handelte es sich bei den zwei ehemaligen Lehrern um sehr beliebte Pädagogen.

Das private Canisius-Kolleg gilt als Berliner Elite-Gymnasium. Viele frühere Absolventen sind heute in führenden Positionen in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft tätig.

(AFP/DDP)
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