Neuer Bericht zu DDR-Geheimdiensttätigkeit Stasi forschte mehr als 16.000 West-Berliner Polizisten aus

Berlin · Die Stasi hat nach Erkenntnissen von Experten in den 1980er Jahren mehr als 16.000 West-Berliner Polizisten und Polizeibedienstete in einer Kartei erfasst. Das geht aus einem jetzt veröffentlichten Bericht zum Geheimdienst der DDR hervor.

In geheimer Mission - Spionage-Werkzeuge
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Foto: AP

Die DDR-Staatssicherheit habe in großem Stil Angaben zur Dienststellung und Privatadressen gesammelt, teilte der Forschungsverbund SED-Staat der Freien Universität Berlin am Mittwoch anlässlich der Vorstellung einer Untersuchung im Auftrag der Berliner Polizei mit.

Die Stasi habe insgesamt nicht nur über detaillierte Informationen über das Innenleben der West-Berliner Polizei verfügt, sondern auch über personenbezogene Daten der Mitarbeiter. "Die Stasi wusste vieles über deren finanzielle Situation, Privatadressen und Telefonanschlüsse, ja, sogar vielfach auch über ihr privates Umfeld", erklärte der an der Studie beteilige Politikwissenschaftler Jochen Staadt.

Den Recherchen der Wissenschaftler zufolge erlangte die Stasi durch elektronische Überwachungsmaßnahmen in den letzten Jahren der DDR zunehmend Kenntnisse über interne Dienstvorgänge der Polizei im damaligen Westteil der Stadt. Es gelang ihr sogar, in das interne Fahndungssystem der Polizei einzudringen und dort eigene Abfragen zu starten.

Die Zahl der Informanten des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) in den Reihen der Polizei war in den 1970er und 1980er Jahren demnach allerdings niedriger als vorher. Nach Angaben der Forscher war die Stasi unter anderem deshalb an den Fahndungsmaßnahmen interessiert, weil sie ihre Unterstützung für anti-westliche Terroristen abschirmen wollte. Das sollten westliche Ermittler oder die internationale Öffentlichkeit auf keinen Fall erfahren. Inzwischen ist bekannt, dass die DDR Terroristen erlaubte, ihr Staatsgebiet als Basis und Transitraum zu nutzen. Daneben forschte die Stasi die West-Berliner Polizei aber auch aus, um ihre Besatzungspläne für den Kriegsfall zu aktualisieren.

Bei der Untersuchung handelt es sich um den zweiten Teil eines Berichts zur Geheimdiensttätigkeit der Stasi in den Reihen der West-Berliner Polizei, den der Polizeipräsident der Hauptstadt vor mehreren Jahren in Auftrag gegeben hatte. Der erste Abschnitt zu den 1950er und 1960er Jahren war schon 2011 erschienen. Auslöser der historischen Erforschung der Stasi-Tätigkeiten war 2009 die Entdeckung, dass der ehemalige West-Berliner Polizist Karl-Heinz Kurras, der 1967 den Studenten Benno Ohnesorg erschossen hatte, ein Inoffizieller Mitarbeiter (IM) des MfS gewesen war. Der Tod Ohnesorgs gilt als einer der Auslöser für die Radikalisierung der westdeutschen Studentenbewegung.

(DEU)
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