Mann erschießt Staatsanwalt in Gericht Täter wird Haftrichter vorgeführt

Dachau · Der Angeklagte, der am Mittwoch im Dachauer Amtsgericht einen jungen Staatsanwalt erschossen hat, wird am Donnerstag dem Haftrichter vorgeführt. Der 54-Jährige hatte zunächst auf den Richter gezielt, dann erschoss er den 31-jährigen Staatsanwalt.

Januar 2012: Mann erschießt Staatsanwalt in Dachauer Gerichtssaal
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Der 54 Jahre alte Rudolf U. hatte während der Urteilsverkündung gegen 16 Uhr im Gerichtssaal eine Waffe gezogen und feuerte zunächst auf den Vorsitzenden Richter, verfehlte ihn aber. Nach Angaben der Polizei nahm der Schütze dann den Staatsanwalt Tilman T. ins Visier und traf ihn dreimal.

Trotz Notoperation starb der Jurist aus München in einem Dachauer Krankenhaus. Der 35-jährige Richter blieb unversehrt, weitere Menschen wurden nicht verletzt. Der Täter wurde von zwei Zeugen im Gerichtssaal überwältigt und von Polizisten festgenommen.

Einen Tag nach den tödlichen Schüssen auf einen jungen Staatsanwalt im Amtsgericht Dachau wird der mutmaßliche Täter am Donnerstag dem Haftrichter vorgeführt. Die Anklage wird auf Mord lauten. Staatsanwältin Kristina Karbach teilte am Abend auf einer Pressekonferenz in Dachau mit, die tödlichen Schüsse habe er aus einer Pistole mit dem Kaliber 6,35 abgefeuert, die er offenbar illegal erworben hatte.

Der nicht vorbestrafte Transportunternehmer aus Dachau hatte sich vor Gericht verantworten müssen, weil er Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 44.000 Euro nicht gezahlt hatte. Der Richter verurteilte ihn am dritten Verhandlungstag zu einer einjährigen Bewährungsstrafe, bevor der Angeklagte die tödlichen Schüsse abgab.

Beim Betreten des Gerichtsgebäudes wurde der Mann nicht kontrolliert. "Es gab keine Sicherheitsschleuse", sagte ein Sprecher des Justizministeriums auf dapd-Anfrage. Nur im Einzelfall werde auf Anordnung schärfer in dem Gebäude kontrolliert. Er verwies darauf, dass eine Kamera im Eingangsbereich des Amtsgerichts installiert sei. Auch sitze ein Wachmann an der Pforte. "Der kann aber nicht jeden kontrollieren."

"Ich habs gewusst, das was passieren wird."

Offenbar war der Mann schon bei früheren Verhandlungen aggressiv aufgetreten. Ein Justizbeamter des Amtsgerichts sagte nach der Schießerei der "Süddeutschen Zeitung:" "Ich habs gewusst, das was passieren wird. Der hat sich in früheren Verhandlungen schon aufgeführt und war völlig uneinsichtig. Er hat selbst seine eigene Anwältin angeplärrt."

Nach Informationen des Bayerischen Rundfunks (BR) gab es während der Urteilsverkündung einen heftigen Wortwechsel des Angeklagten mit seiner Verteidigerin, bevor er die Pistole aus der Hosentasche zog. Staatsanwältin Karbach wollte dies nicht kommentieren.

"Brutale Straftat"

Nach der Tat sperrte die Polizei das Gelände um das Gebäude ab, vor dem Eingang postierten sich Beamte. Experten der Spurensicherung untersuchten den Gerichtssaal. Bayerns Justizministerin Beate Merk (CSU) fuhr sofort nach Dachau, um sich vor Ort ein Bild von der Lage zu machen. Sie zeigte sich schockiert über die "brutale Straftat" während einer "Routineverhandlung". Sie sprach den Angehörigen des Opfers ihr Mitgefühl aus.

Der junge Strafverfolger war nach Informationen des "Münchner Merkur" erst seit 2011 bei der Staatsanwaltschaft tätig und zuständig im Bereich Wirtschaftsstrafrecht. Er war mit einer Amerikanerin verheiratet, die seinetwegen nach Deutschland gezogen ist.

Schärfere Sicherungsvorkehrungen gefordert

Der Fall erinnert an einen Vorfall in einem Landshuter Gerichtssaal im April 2009. Ein 60 Jahre alter Mann tötete damals eine Frau, verletzte zwei weitere Menschen schwer und beging dann Selbstmord. Danach wurde beschlossen, mehr Gerichtssäle mit Sicherheitsschleusen auszustatten. Laut Ministerium wurde dies bislang nur in Großstädten umgesetzt.

Der Bayerische Richterverein forderte schärfere Sicherheitsvorkehrungen. Es müsse nach dem Vorfall darüber nachgedacht werden, "ob wir der Sicherheit gerecht werden, die wir den Mitarbeitern und Besuchern der Gerichte schuldig sind", sagte der Vorsitzende des Richtervereins, Walter Groß, der Nachrichtenagentur dapd. Bei allem notwendigen Schutz dürften Gerichte aber "keine Festungen werden".

(dapa)
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