Kindesentzug Bewährungsstrafe für Allgäuer Islamistin

München · Glück im Unglück für eine junge Islamistin aus dem Allgäu: Die Frau, die mit ihren Kindern nach Syrien gereist war, um sich dem IS anzuschließen, wurde vom Münchner Landgericht nur zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Angesichts der gegen sie erhobenen Vorwürfe wäre auch eine viel höhere Strafe denkbar gewesen.

 Die Frau sitzt seit neun Monaten in Untersuchungshaft.

Die Frau sitzt seit neun Monaten in Untersuchungshaft.

Foto: dpa, kne pzi

Eine mit ihren zwei kleinen Töchtern in den Bürgerkrieg nach Syrien gereiste mutmaßliche Islamistin ist vom Landgericht München I zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden. Das Gericht ließ den Anklagevorwurf der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat am Mittwoch fallen und verurteilte die 30-Jährige nur wegen der Entziehung Minderjähriger zu einer Bewährungsstrafe von eineinhalb Jahren. Sie kam nach neunmonatiger Untersuchungshaft frei.

Die Staatsanwaltschaft hatte einer Gerichtssprecherin zufolge zuvor für Andrea B. drei Jahre Haft gefordert, die Verteidigung eine Bewährungsstrafe. Die Anklage warf ihr vor, nach ihrer Reise ins syrische Bürgerkriegsgebiet zusammen mit ihren drei und sieben Jahre alten Töchtern sich einem Kämpfer der Extremisten-Organisation Al-Nusra-Front angeschlossen zu haben. Sie soll bereit gewesen sein, Soldaten des syrischen Machthabers Baschar al-Assad zu töten.

Dies hatte die Frau bestritten. Sie hatte ihre Reise in einem Teilgeständnis mit humanitären Motiven begründet, sie habe den Menschen in Syrien helfen wollen.

Das Gericht folgte mit dem Urteil nicht der Argumentation der Anklage. Wegen der Entziehung Minderjähriger wurde die Frau verurteilt, weil sie zwar für ihre Töchter das Sorgerecht hatte, der getrennt lebende Vater der Kinder aber über ein Besuchsrecht verfügte und sie ihm dieses durch die Reise nach Syrien unausübbar machte.

Den schwerer wiegenden Vorwurf der Vorbereitung einer staatsgefährdenden Straftat sah das Gericht dagegen nicht als erfüllt an. Der Gerichtssprecherin zufolge ergab die Beweisaufnahme, dass Andrea B. nur zur Selbstverteidigung habe schießen wollen. Damit war der für eine Verurteilung nötige Vorwurf der Vorbereitung eines Mordes nicht erfüllt.

Die im Mai 2014 nach ihrer Rückkehr nach Deutschland am Frankfurter Flughafen festgenommene Konvertitin konnte das Gericht unmittelbar als freie Frau verlassen. Wie ihr Verteidiger Jochen Rüter der Nachrichtenagentur AFP sagte, will sie sich nun "zeitnah" darum bemühen, wieder Kontakt zu ihren zwei Töchtern zu bekommen. Diese hat sie nach ihrer Festnahme nicht mehr gesehen. Er werde beim Familiengericht ein Besuchsrecht beantragen, das Sorgerecht liegt inzwischen beim leiblichen Vater der Kinder.

Zu ihrem Motiv für die riskante Syrienreise sagte die 2012 vom Katholizismus zum Islam übergetretene Frau, dass sie die Lage der Menschen in Ägypten und später in Syrien so bewegt habe, dass sie sich aus ihrem Glauben heraus zur Hilfe verpflichtet gefühlt habe. "Ich musste einfach helfen zu diesem Zeitpunkt, weil da drei Jahre schon dieser Bürgerkrieg war und niemand hat geholfen", sagte die Angeklagte.

Andrea B. schloss sich der Anklage zufolge einem Kämpfer der Extremisten-Organisation Al-Nusra-Front an. Sie wurde auf Vermittlung von dessen ebenfalls aus Deutschland stammender Frau nach islamischem Recht dessen Zweitfrau. Gegen diese beiden laufen gesonderte Verfahren.

(AFP)
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