Winnenden-Hinterbliebener "Tim K.s Vater spielte wichtigste Rolle"

Hamburg (RPO). Der Vater eines Opfers des Amoklaufs von Winnenden hat Aufklärung über die Rolle der Eltern von Tim K. vor der Tat gefordert. Der Prozess gegen den Vater von Tim K. wird 2010 eröffnet und soll die Frage klären, inwieweit der Vater ursächlich für den Amoklauf verantwortlich ist.

Chronik des Amoklaufs von Winnenden im März 2009
Infos

Chronik des Amoklaufs von Winnenden im März 2009

Infos
Foto: ddp

Jurij Minasenko, der seine 16-jährige Tochter Viktorija bei der Bluttat verloren hatte, sagte dem Nachrichtenmagazin "Stern" laut Vorabbericht, dass er im Prozess gegen den Vater Jörg K. als Nebenkläger Aufklärung darüber will, was Tims Eltern wussten. "Ich möchte wissen, wie sie auf die Warnsignale reagiert haben." Es gebe eine "Kette von Ursachen, die schließlich zum Amoklauf führten. In dieser Kette war der Vater das wichtigste Glied."

2010 soll der Prozess gegen den Vater von Tim K. eröffnet werden. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm unter anderem fahrlässige Tötung vor, weil er die Tatwaffe unverschlossen im Schlafzimmer aufbewahrt hatte. Der Prozess sei für die Aufklärung der Ursachen enorm wichtig, nicht nur für die Angehörigen, sondern auch für die Gesellschaft, sagte Minasenko. Er hatte bei dem Amoklauf im März mit Viktorija sein einziges Kind verloren.

Gleichzeitig fordert er eine intensivere Auseinandersetzung der Gesellschaft mit Amokläufen. "Bis jetzt gibt es in Deutschland kein richtiges Verständnis über Amokläufe", sagte Minasenko. Ein Schulmassaker wie das von Winnenden sei mehr als ein erweiterter Suizid, betonte der aus der Ukraine stammende Psychiater. Es bedeute Rache und Protest des Täters. Sterben "als Demonstration der Macht" könnte ein Trend werden, fürchtet Minasenko,"wenn der Einzelne beschließt, dass für ihn das Gewaltmonopol des Staates nicht mehr gilt".

Tim K. sei sehr klar gewesen in dem, was er tat. "Er hatte keine Bewusstseinsstörung, er hörte keine Stimmen. Er war nicht chaotisch, er war ordentlich. Er hat sein Magazin in Seelenruhe wieder aufgeladen und weiter geschossen", sagte Minasenko. Dennoch sei für ihn klar, dass der Täter eine massive Persönlichkeitsstörung hatte. "Doch die ist nicht wie ein plötzlicher Herzinfarkt, sondern das Resultat einer pathologischen Entwicklung, die schon in der frühen Kindheit beginnt."

(DDP/felt)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort