Streit um Abschuss von Albino-Reh Tod für "Rehweißchen"?

Dresden/Oberlungwitz · Seit Tagen sorgt ein Albino-Reh im Erzgebirge für Aufsehen. Das seltene weiße Reh soll nach Aussage eines Jagdverband-Funktionärs abgeschossen werden, weil es eine Mutation darstelle: "Es würde mir nicht gefallen in meinem Revier. Das sieht aus wie eine Ziege."

 Droht "Rehweißchen" der Abschuss? In Sachsen ist ein Streit um ein seltenes Albino-Reh entbrannt.

Droht "Rehweißchen" der Abschuss? In Sachsen ist ein Streit um ein seltenes Albino-Reh entbrannt.

Foto: ddp

Um den geforderten Abschuss des seltenen Albino-Rehs ist in Sachsen ein Streit ausgebrochen. Auslöser ist die Äußerung des Präsidenten des Sächsischen Jagdverbandes, Günter Giese. Er persönlich würde das Reh abschießen, "weil mir das nicht gefallen würde in meinem Revier. Das sieht aus wie eine Ziege", sagte Giese, der selbst Jäger ist, am Mittwoch. Die Entscheidung bleibe jedoch dem jeweiligen Jäger überlassen. Viele Jäger hätten auch Skrupel, Albino-Rehe abzuschießen. Es gebe den Aberglauben, dass die Tötung eines solch raren Tiers Unglück bringe.

Das Umweltministerium sprach sich derweil gegen einen Abschuss des Tieres aus, das bei Oberlungwitz in einem rund 900 Hektar großen Hirschgrund lebt. "Als Rarität und Naturphänomen sollte man es leben lassen", sagte eine Sprecherin in Dresden. Auch die Umweltorganisation NABU und der Leipziger Zoologe Ronny Wolf lehnten eine Tötung ab.

Das Ministerium reagierte damit auf die Forderung von Günter Giese, der in der "Bild"-Zeitung gefordert hatte: "Das Reh ist eine Mutation. Und die gehören nicht in die Wildnis, sie müssen geschossen werden." Die Ministeriumssprecherin fügte hinzu, das seltene Tier unterliege zwar laut Jagdgesetz prinzipiell keinem höheren Schutz als gewöhnliche Rehe. Zwingend erforderlich wäre der Abschuss laut Jagdgesetz aber nur, wenn das Tier krank sei. Unzulässig wäre die Tötung indes, wenn es sich um ein männliches Jungtier handeln würde. Dann gälte für das Reh eine Schonzeit, und es dürfte nicht gejagt werden.

"Dann müsste man ja alle Albinos abschießen"

Der Geschäftsführer der Umweltorganisation NABU in Sachsen, Bernd Heinitz, nannte eine Tötung des Tiers völlig unnötig: "Dann müsste man ja alle Albinos abschießen." Niemand käme auf die Idee, weiße Tiger, Gorillas oder Elefanten zu töten. Albinos seien eine Laune der Natur. Jedoch handle es sich dabei nicht um eine Krankheit.

Der Zoologe Wolf betonte, zu einem Abschuss gebe es keine Notwendigkeit. So sei etwa nicht nachgewiesen, dass eine Albino-Art neben ihrem genetisch bedingten Pigmentdefekt weitere Erbänderungen oder Krankheiten in sich trage. Zudem habe ein einziges Tier auf die Gen-Zusammensetzung eines ganzen Rehbestands keine Auswirkungen. Das Vorkommen von Albinos sei extrem gering und bewege sich schätzungsweise im Verhältnis von 1:100 000. Nach Worten des Landesjagdpräsidenten liegt die Wahrscheinlichkeit, dass bei der Paarung mit einem Albino-Tier wieder ein normales Junges geboren wird, bei 99 Prozent.

Ralf Georgi, Pächter des Hirschgrunds in Oberlungwitz bei Chemnitz, hatte sich bereits gegen einen Abschuss ausgesprochen. "Wenn einer in meinem Revier das Reh heimlich schießt, ist das Wilderei", sagte er. Ihn störe das Tier nicht.

Verantwortlich für das weiße Fell des Albino-Tiers ist ein genetischer Defekt, der nur bei jeder zehntausendsten Reh-Geburt vorkommt. Dem sächsischen Tier brachte sein Äußeres bereits den Spitznamen "Rehweißchen" ein.

(afp)
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