Haftstrafe und Berufsverbot Tod nach Schönheits-OP

Berlin (RPO). Ein Schönheitschirurg ist in Berlin nach dem Tod einer Patientin zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Der Mediziner wurde am Montag in dem Prozess vor dem Landgericht der Körperverletzung mit Todesfolge in Tateinheit mit versuchtem Totschlag für schuldig befunden. Der Mann darf ferner in den nächsten vier Jahren nicht als Chirurg oder Sportmediziner arbeiten.

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Foto: afp, ms

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der 60-jährige Arzt im März 2006 in seiner Charlottenburger Tagesklinik ohne Anästhesisten eine mehrstündige Operation zur Bauchstraffung bei einer Frau ausgeführt hatte. Dazu narkotisierte er die Frau auch selbst. Vor dem Eingriff habe es keine ordnungsgemäße Risiko-Aufklärung gegeben, hieß es.

Eingriff ohne Narkosearzt

Während des vierstündigen Eingriffs erlitt die 49-jährige Frau einen Herz-Kreislauf-Zusammenbruch und musste reanimiert werden. Dabei kam es zu einer Unterversorgung des Gehirns mit Sauerstoff. Sechseinhalb Stunden lag die bewusstlose Frau in der Praxis, bis sie in ein Krankenhaus transportiert wurde. Sie starb zwölf Tage später in der Klinik, ohne das Bewusstsein wiedererlangt zu haben.

Für das Gericht stand fest, dass bei dieser Art des Eingriffs ein Anästhesist hätte anwesend sein müssen. Ein "profunder Mediziner" wie der Angeklagte hätte das wissen müssen, hieß es im Urteil. Die Frau sei morgens "gesund" in die Praxis gekommen und habe sie abends "todgeweiht" wieder verlassen.

Aus Sicht der Kammer handelte der Chirurg mit bedingtem Tötungsvorsatz. Es blieb allerdings bei einer Verurteilung wegen versuchten Totschlags, weil das Gericht nicht zweifelsfrei feststellen konnte, dass nach Abklingen der Narkose die Patientin tatsächlich hätte gerettet werden können. Es gebe aber keine glaubhafte Erklärung dafür, warum der Chirurg nicht sofort den Notarzt gerufen und die Frau ins Krankenhaus habe bringen lassen.

Die Staatsanwaltschaft hatte wegen versuchten Mordes sogar eine Haftstrafe von achteinhalb Jahren beantragt. "In letzter Konsequenz können wir nicht sicher niedere Beweggründe als Mordmerkmal feststellen", urteilte das Gericht. Womöglich habe der Chirurg aus Angst vor Rufschädigung so gehandelt. Auch habe er sein "soziales Ansehen" wahren wollen. Es könnten aber auch "Verbohrtheit, Ignoranz und maßlose Selbstüberschätzung" gewesen sei, die ihn bewogen hätten, nicht gleich zu handeln, sagte der Vorsitzende Richter.

Vor Gericht hatte der Chirurg die behandelnden Ärzte des Krankenhauses für den Tod der Patientin verantwortlich gemacht. Der Frau seien dort "verbotene Medikamente bis zum Tod" verabreicht worden, behauptete er. Die Verteidigung hatte einen Freispruch gefordert. Die Richter gelangten allerdings zu der Auffassung, dass ein grob fehlerhaftes Verhalten der Krankenhausärzte nicht festzustellen sei.

Zeugenbeeinflussung

Besonders negativ sah die Kammer, dass der Arzt versucht hatte, eine Mitarbeiterin vor ihrer Aussage im Prozess zu beeinflussen. Er hatte ihr einen Brief geschrieben, in dem er vorgab, wie sie auf Fragen des Gerichts zu antworten hat. "Das ist ein starkes Stück. So etwas haben wir in noch nicht erlebt", sagte der Richter.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Staatsanwaltschaft und Verteidigung wollen eine Revision prüfen.

(DDP/felt)
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