Mann trat Frau Treppe hinunter Prozess gegen brutalen U-Bahn-Treter von Berlin vertagt

Berlin · Die Tat im Oktober 2016 in einer Berliner U-Bahn-Station löste Entsetzen im ganzen Land aus. Der Angeklagte soll eine Frau eine Treppe hinunter getreten ahben. Doch der erste Prozesstag verlief völlig anders als geplant.

 Der Screenshot aus dem Video zeigt die Tat.

Der Screenshot aus dem Video zeigt die Tat.

Foto: dpa, fux kno

Der Angeklagte im schwarzen T-Shirt sitzt hinter Panzerglas im Saal 500 des Berliner Landgerichts, er nickt lächelnd Angehörigen auf den Zuschauerbänken zu. Doch der Auftakt des Prozesses um eine brutale Fußtritt-Attacke gegen eine Frau in einem Berliner U-Bahnhof ist am Donnerstag nach nicht mal einer Stunde schon wieder vorbei. Dabei sind die Erwartungen und das öffentliche Interesse groß. Fortsetzung ist am nächsten Dienstag.

Weder wird die Anklage gegen den mutmaßlichen U-Bahn-Treter wegen gefährlicher Körperverletzung verlesen, noch werden die Personalien des 28-Jährigen aufgenommen.

Warum? Die Verteidiger stellen gleich zu Beginn einen Antrag, eine Schöffin wegen Befangenheit abzulehnen. Die ehrenamtliche Richterin soll sich demnach in Leserbriefen abfällig über kriminelle Jugendliche mit Migrationshintergrund geäußert haben. Den Antrag muss das Gericht nun erst prüfen. Die Verteidiger weisen den Vorschlag von Richterin Sylvia Busch zurück, über den Antrag später zu entscheiden.

In einer Nacht Ende Oktober 2016 soll der verheiratete Mann aus Bulgarien im U-Bahnhof Hermannstraße in Berlin-Neukölln völlig unvermittelt mit einem wuchtigen Tritt in den Rücken die ihm fremde, arglose Frau eine Betontreppe heruntergestürzt haben. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass das Leben der jungen Frau in Gefahr war.

Gutachter muss Geständnis prüfen

Der Mann soll die Tat in Vernehmungen gestanden haben, hieß es im Gericht. Das sei mit Vorsicht zu nehmen, sagt Gerichtssprecherin Lisa Jani. Ein Gutachter werde prüfen, ob der Mann überhaupt schuldfähig ist. Zu hören war, dass er möglicherweise unter Drogen oder Alkohol stand.

Die damals 26-Jährige knallt mit dem Gesicht voran die Stufen herunter. Sie bricht sich einen Arm und wird am Kopf verletzt. Die junge Frau wird in dem Prozess nun als Zeugin erwartet, sie tritt auch als Nebenklägerin auf. Bei einer Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung droht dem Angeklagten eine Haftstrafe ab sechs Monaten bis zu zehn Jahren.

Videokameras hatten die Gewalt festgehalten. Zu sehen war auf veröffentlichten Aufnahmen, dass der Angreifer bei seinem Fußtritt noch eine Bierflasche in der einen und eine Zigarette in der anderen Hand hält. Die Attacke löste bundesweit Entsetzen und Empörung aus. Unklar blieb bislang, warum er allein angeklagt ist. Zunächst war noch gegen drei andere Männer ermittelt worden, darunter zwei Brüder des 28-Jährigen.

Videokamera-Aufnahmen halfen bei der Fahndung

Der mutmaßliche Treter war zunächst untergetaucht und mit Haftbefehl gesucht worden. Während viele ihn noch in seiner bulgarischen Heimat vermuteten, wurde er kurz vor Weihnachten in Berlin gefasst, als er auf dem Zentralen Omnibusbahnhof aus Südfrankreich ankam. Bewegung in den Fall war erst gekommen, nachdem die Polizei nach wochenlangen erfolglosen Ermittlungen Bilder aus Videokameras veröffentlichte.

Dem Angeklagten, der in Untersuchungshaft sitzt, werden auch exhibitionistische Handlungen vorgeworfen. Zwei Wochen vor der mutmaßlichen Attacke im U-Bahnhof soll sich der Verdächtige am helllichten Tag auf einem Parkplatz vor zwei Frauen entblößt und masturbiert haben, 35 Minuten später habe er dies in einer Grünanlage vor einer Zeugin wiederholt.

Angeklagter in Bulgarien kein unbeschriebenes Blatt

Der Angeklagte ist nach Angaben von Ermittlern in Deutschland nicht vorbestraft. In seinem Heimatland soll er bei Polizei und Justiz mehrfach aufgefallen sein - unter anderem wegen Diebstahls und Fahrens ohne Führerschein.

Im Gerichtsflur sagt die CDU-Bundestagsabgeordnete Christina Schwarzer aus Neukölln, der Angriff sei skrupellos gewesen. Viele Menschen hätten seitdem Angst und würden jetzt anders öffentliche Treppen hinuntergehen. Es sei wichtig, dass die Leute wieder ein besseres Sicherheitsgefühl bekämen.

Das Gericht will wegen des Befangenheitsantrags zunächst eine Stellungnahme der Schöffin einholen. Sollte dem Antrag der Verteidiger stattgegeben werden, müsste das Verfahren zunächst ausgesetzt und mit einem anderen Schöffen neu gestartet werden.

(felt/dpa)
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