Drama im Eifel-Zoo Vater rettet Mädchen aus Bären-Gehege

Lünebach (RP). Drama im Eifel-Zoo in Lünebach: Ein dreijähriges Mädchen überklettert am Mittwoch gegen 17.30 Uhr – der Tierpark schließt in 30 Minuten, es sind kaum noch Besucher auf dem Gelände – einen 1,05 Meter hohen Zaun, fällt in das Gehege eines Kragenbären und wird von dem 1,80 Meter großen und etwa 270 Kilogramm schweren Raubtier schwer verletzt.

Lünebach (RP). Drama im Eifel-Zoo in Lünebach: Ein dreijähriges Mädchen überklettert am Mittwoch gegen 17.30 Uhr — der Tierpark schließt in 30 Minuten, es sind kaum noch Besucher auf dem Gelände — einen 1,05 Meter hohen Zaun, fällt in das Gehege eines Kragenbären und wird von dem 1,80 Meter großen und etwa 270 Kilogramm schweren Raubtier schwer verletzt.

Das Kleinkind kommt wohl nur mit dem Leben davon, weil ihr Vater sofort in das Gehege springt und seine kleine Tochter dem Bären entreißt und in Sicherheit bringt. Auch der 34-jährige Mann wird schwer verletzt.

Am Tag danach liegt der Vater der Dreijährigen, Roy van der Voort (34), mit einen komplizierten Beinbruch und mehreren, bis zu vier Zentimeter tiefen Bisswunden in einem Krankenhaus in Prüm.

Seine Tochter Amber, die einen Jochbeinbruch, ebenfalls tiefe Bisswunden und eventuell eine Lungenprellung erlitten hat, wird in einer Klinik in Trier behandelt. Bei ihr im Krankenhaus ist ihre Mutter Irene Marechal-van der Voort (31).

Die beiden Eltern haben die erste Nacht nach dem schrecklichen Ereignissen im Eifel-Zoo kaum schlafen können, berichten sie. Immer wieder seien ihnen die Bilder des Vortages durch den Kopf gegangen:
Den ganzen Tag verbringt die niederländische Familie, die aus Middelburg in der Provinz Seeland stammt, in dem Tierpark in der Eifel. Seit dem vergangenen Samstag machen Roy und Irene van der Voort mit ihren beiden Kindern Amber (3) und Björn (6) in der Eifel Ferien.

Gegen 17 Uhr wollen sie eigentlich den Tierpark verlassen und sich auf den Heimweg machen: Doch die kleine Amber möchte noch einmal zu dem Kragenbär. "Sie hatte ihn Mittags bei der Fütterung gesehen und das hat ihr wohl sehr gefallen", erinnert sich Roy van der Voort. Die Eltern geben nach.

"Amber war als erste am Zaun" erinnert sich ihre Mutter Irene Marechal-van der Voort gestern im Krankenhaus in Trier. Mehrfach habe sie ihr zuvor eingeschärft, nicht zu nah an die Tiergehege zu gehen. Die Dreijährige hält sich daran. Nun aber, in einem Augenblick, in dem die Mutter wohl kurz zu ihrem Sohn Björn schaut oder mit ihm redet, klettert Amber den knapp einen Meter hohen Zaun vor dem Bären-Gehege empor, verliert das Gleichgewicht und fällt in den zwei, drei Meter tiefergelegenen Wassergraben.

Die 31-jährige Mutter ist starr vor Schreck. Ihr Ehemann steht zwar noch einige Meter entfernt, hört aber den Sturz seiner Tochter und reagiert blitzschnell.

"Ich sah Amber da unten liegen und den Bär auf sie zugehen — da bin ich einfach gesprungen, ohne eine Sekunde nachzudenken", berichtet der Wege- und Wasserbautechniker. Dass der 34-Jährige sich, wie sich später herausstellt, den Fuß bei dem Sprung bricht, spürt er in dem Augenblick nicht. "Der Bär war schon ganz über meiner Tochter. Ich konnte Amber gar nicht mehr sehen", sagt Roy van der Voort. Erst habe er seine Tasche auf dem Bären geschlagen, dann nach dem Raubtier getreten und mit den Händen darauf eingedroschen. Mit Erfolg — der Bär biss Ambers Vater zwar mehrfach, ließ aber von der Dreijährigen ab.

Irene Marechal-van der Voort schreit nach dem Sturz ihrer Tochter laut um Hilfe. "Aber es war niemand in der Nähe und niemand kam", berichtet sie im Krankenhaus von Trier. Schließlich sei sie vom Bärengehege weggerannt und habe weiter um Hilfe geschrieen. Für sie vergeht eine Ewigkeit, bis andere Besucher zu Hilfe kamen.

Trotz seiner schweren Verletzungen gelingt es Roy van der Voort, seine Tochter in die rettenden Arme der Herbeigeeilten empor zu reichen. Er selbst flüchtet danach vor dem Bären zuerst in eine Ecke des Geheges, dann kann auch er aus dem Wassergraben gezogen werden.

Irene Marechal van der Voort wird am Tag nach dem Drama erst wird nach und nach bewusst, wie viel Glück im Unglück ihre Familie gehabt hat. "Es hätte leicht passieren können, dass ich meine Tochter und meinen Mann verliere", sagt sie mit zitternder Stimme. Die kleine Amber, die neben ihr im Krankenhausbett liegt, erinnert sich recht genau an die Ereignisse im Eifel-Zoo. Sie habe ihr erzählt, dass sie auf den Zaun geklettert sei, das Gleichgewicht verloren habe und in das Gehege des Bären gefallen sei, berichtet die Mutter. "Sie hat ein paarmal gefragt: 'Hier gibt es doch keine Tiere, Mama, oder?'", erzählt Irene Marechal van der Voort.

Der sechsjährige Björn spricht bislang nicht über das Erlebte. "Er hat gut geschlafen, aber sagt nichts dazu", berichtet Roy van der Voort. Ob das ein gutes oder schlechtes Zeichen ist, der 34-Jährige weiß es nicht. "Wir müssen erst mal wieder alle gesund werden", meint der Niederländer. Ob er jemals wieder mit seinen Kindern in einen Zoo gehen werde? "In der nächsten Woche bestimmt nicht, aber wenn einige Zeit vergangenen ist — mal sehen."

Entsetzen herrschte nach dem Unfall auch im Eifel-Zoo. "Wir werden die Polizei und die Behörden bei allen Untersuchungen unterstützen. Auch für uns alle ist das ein Schock. Wir werden auf jeden fall die Sicherheit verbessern", sagte Isabell Wallpott vom Eifel-Zoo. Der 28 Jahre alte Kragenbär, der im Tierpark geboren wurde, hatte schon vor einigen Jahren einmal zugebissen.

Damals hatte der Eifel-Zoo-Besitzer ihn von außen durch die Gitterstäbe gefüttert, war dabei ins Stolpern geraten und hatte sich am Gitter festgehalten. Der Bär zerfleischte seinen Arm. Isabell Wallpott, Tochter des Tierparkbesitzers, meint: "Das war damals eine ganz andere Sache."

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