Scharfe Kritik nach Rede beim Papst-Besuch Vatikan-Berater rügt Bundespräsident Wulff

Düsseldorf (RPO). Vatikan-Berater Prälat Wilhelm Imkamp geht mit Äußerungen von Bundespräsident Christian Wulff zur katholischen Kirche scharf ins Gericht. Wulff hatte bei der Begrüßung des Papstes in Form mehrerer Fragen Zweifel zur Sprache gebracht. Wulff habe damit seine eigene Scheidung thematisiert, kritisiert Imkamp nun. Das sei eine "Grenzüberschreitung".

Der Papst in Deutschland: Bilder vom Donnerstag
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"Wenn der katholische Christ Wulff sein politisches Amt und dessen Möglichkeiten dazu benutzt, seine persönlichen Probleme mit und in der Kirche zu thematisieren, könnte man durchaus von einer gewissen Grenzüberschreitung sprechen", sagte Imkamp dem Magazin "Focus". Wulff ist geschieden und damit nach den Regeln der katholischen Kirche von der Kommunion ausgeschlossen.

Imkamp bezieht sich mit seiner Wulff-Kritik auf die Rede des Bundespräsidenten vor Schloss Bellevue, die er zur Begrüßung des Papstes hielt. Wulff hatte darin Zweifel an der Kirche in mehrere Fragen gekleidet: "Wie barmherzig geht sie mit Brüchen in den Lebensgeschichten von Menschen um? Wie mit den Brüchen in ihrer eigenen Geschichte, und wie mit dem Fehlverhalten von Amtsträgern? Welchen Platz haben Laien neben Priestern, Frauen neben Männern? Was tut die Kirche, um ihre eigene Spaltung in katholisch, evangelisch und orthodox zu überwinden?"

Benedikt änderte spontan das Manuskript

Papst Benedikt XVI. wurde so gleich zu Beginn mit all der Kritik konfrontiert, die in Deutschland an der Lehre und Praxis der katholischen Kirche geäußert wird. Benedikt reagierte in seiner Antwort spontan und änderte sein Manuskript. Er dankte nun nicht mehr für die "freundlichen", sondern "in die Tiefe gehenden" Worte. Aus seinem Umfeld heißt es später, er habe die Offenheit Wulffs begrüßt.

Anders sieht das ganz offensichtlich Imkamp, den ein freundschaftliches Verhältnis mit dem Papst verbinden soll. Mehrfach hatte der Prälat sich als Verfechter traditioneller Normen in der katholischen Kirche gezeigt und sich damit ganz eng an die Positionen des Papstes gestellt. Auch jetzt bestärkt er die Kirche in ihrer Autorität, wenn er laut "Focus" zu den Bedenken des Bundespräsidenten sagt: "Sünde und Schuld müssen vergeben und nicht wegdiskutiert werden." An einer öffentlichen Debatte über die Werte, Regeln und Normen des Vatikans ist Imkamp offenbar nicht gelegen.

Ein Streiter für den Glauben

Auch unterstrich Imkamp noch einmal die Forderung des Papstes nach Treue der katholischen Kirche in Deutschland zum Heiligen Stuhl: Wenn diese nicht Rom-treu sei, "dann wird sie zu einem Krankheitserreger mit hohem Ansteckungspotenzial für die Universalkirche".

Deutliche Kritik übte der Theologe auch an deutschen Geistlichen. Es gebe "viel zu viele professionelle Jammer-Theologen, die im Ganzen gesehen zu wenig Glaubensfreude verbreiten". Im Falle des Falles will er den deutschen Katholiken auch mit Nachhilfe auf die Sprünge helfen, sollten sie die Worte des Papstes bei seinem Deutschland-Besuch nicht richtig verstanden haben.

"Falls sich herausstellen sollte, dass Verantwortungsträger und Multiplikatoren der katholischen Kirche in Deutschland die magistralen Lektionen des Heiligen Vaters nicht verstanden haben sollten, wird wohl Nachhilfe notwendig sein. Die Form dieser Nachhilfe hängt vom Grad der Unverständnisses ab", sagte Imkamp dem Blatt.

Der Prälat hat sich mehrfach als kämpferischer Streiter für den katholischen Glauben einen Namen gemacht. Im September trat er in der ARD-Sendung Maischberger zum provokativ formulierten Thema "Wer braucht noch Benedikt?" für eine kompromisslose Positionierung der Kirche ein. Reformen etwa beim Zölibat lehnte er ab. "Wir haben das Traditionsprinzip", sagte Imkamp.

Imkamp - ein Niederrheiner

In einem Interview mit dem Domradio, dem Sender des Erzbistums Köln, machte er sich stark für einen selbstbewussten Glauben, der sich frei macht von gesellschaftlichen Strömungen des Zeitgeistes. Katholischsein werde immer mit Spießig- und Rückständigkeit identifiziert, dabei sei der Katholizismus etwas absolut Nonkonformistisches, argumentiert Imkamp. Und: Diese Linie müsse man deutlich auszeigen. "Mir liegt dieses Zeitgeistgehechele nicht", sagt Imkamp. An Selbstzweifeln reibt er sich: "'Ich bin katholisch, entschuldigen Sie bitte, soll nicht wieder vorkommen'. Das gibt's hier nicht! ", stellt er fest.

Imkamp berät den Vatikanischen Rat für die Heilig- und Seligsprechung sowie die Gottesdienstkongregation und ist Direktor des schwäbischen Wallfahrtsorts "Maria Vesperbild". Geboren ist Imkamp in Kaldenkirchen am Niederrhein als Sohn eines Tabakfabrikanten. 1998 wurde er Direktor der Wallfahrt in Maria Vesperbild. In Rom wurde er zum Priester geweiht.

(pst/csi)
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