Nach Polizistentod durch Hells-Angels-Mitglied Verbot von Rockerbanden schwierig

Berlin (RPO). Die Rufe aus Politik und Polizei nach einem Verbot von Rockerbanden sind laut. Doch eine Umsetzung der Forderungen ist alles andere als einfach: Ein Verbot von Rockergruppen wie den "Hells Angels" wäre nach Einschätzung von Experten nur mit erheblichem Aufwand durchsetzbar.

Der Chef der Gewerkschaft der Polizei, Konrad Freiberg, sagte der Nachrichtenagentur ddp: "Um Beweise dafür zu bringen, dass die von Rockern ausgehende Kriminalität organisiert und in den Strukturen bestimmter Motorradclubs angelegt ist, müssen die Ermittlungsstrukturen verändert werden." Für ein bundesweit besseres Lagebild müssten Ermittlungen und Informationen zentral zusammengeführt werden.

Nach den tödlichen Schüssen eines "Hells Angels"-Mitglied auf einen Polizisten in Anhausen (Rheinland-Pfalz) hatten sich sowohl Polizeigewerkschaften als auch Berlins Innenminister Ehrhart Körting und dessen rheinland-pfälzischer Amtskollege Karl-Peter Bruch (beide SPD) für ein Verbot gewalttätiger Rockerbanden ausgesprochen.

Hells Angels bedauern Tod des Polizisten

Unterdessen meldeten sich am Freitag die "Hells Angels" mit einer Stellungnahme zu Wort, wonach sie den Tod des Polizisten bedauerten. Der Fall sei ein Unglück, zu dem es offenbar "durch eine Verkettung unglücklicher Umstände" gekommen sei. Zur Diskussion über ein Vereinsverbot sagte ein Sprecher: "Seit 20 Jahren wird behauptet, wir hätten etwas mit organisierter Kriminalität zu tun. Das ist Quatsch. Man kann Straftaten Einzelner nicht einer ganzen Gruppe anhängen."

Juristen betonen, dass auf dem Weg zu einem Vereinsverbot hohe Hürden zu nehmen seien. So müsse klar nachgewiesen werden, dass Straftaten von den Motorradclubs geplant oder in Auftrag gegeben wurden. Zumindest aber müsse der Verein von den Straftaten profitieren.

Dass Gruppen wie die "Hells Angels" oder die "Bandidos" kriminelle Mitglieder haben, wird kaum bezweifelt. Seit Jahren beobachtet die Polizei deren Aktivitäten im Drogen- und Waffenhandel sowie im Rotlichtmilieu. Die europäische Polizeibehörde Europol hatte für eine Studie zu den sogenannten Outlaw Motorcycle Gangs, Daten aus acht Staaten für die Jahre 2003 bis 2005 erhoben. Das Ergebnis: Rund 60 Prozent der Clubmitglieder waren schon einmal wegen Straftaten verurteilt worden. Ein Europol-Sprecher sagte der Agentur: "Dieses Bild hat sich aus unserer Sicht nicht geändert. Mitglieder ohne kriminellen Hintergrund sind bei Motorradgruppen wie den 'Hells Angels' oder den 'Bandidos' eher die Ausnahme."

Überführte Rocker behaupten stets, dass sie aus eigenem Antrieb, als Einzelpersonen gehandelt hätten. Den Nachweis zu führen, dass der jeweilige Motorradclub hinter den Straftaten steckt, ist nach Angaben von Experten äußerst schwierig. Ein ostdeutscher Szenekenner, der sich nur anonym äußern wollte, sagte zu ddp: "Selbst wenn wir zwei Rockern Drogenhandel nachweisen, fehlt uns immer noch der Beleg, dass die Gewinne aus deren Geschäften in der Clubkasse landen."

"Privatstreit und Einzeltäter"

Bei Gewaltdelikten zwischen den Rockerbanden gebe es zwar ständig Schwerverletzte. Die Beteiligten sagten dann allerdings, dass es sich dabei einfach um einen Privatstreit gehandelt habe. Teilweise verliefen die Grenzen tatsächlich fließend. "Der Chef der inzwischen verbotenen 'Chicanos' in Brandenburg war beispielsweise mit einem führenden 'Hells Angels'-Mitglied aneinandergeraten.

Als die sich geprügelt haben, waren sie Mitglieder verschiedener Banden. Aber die sind früher auf die gleiche Schule gegangen, und haben sich da auch schon geprügelt", so der Experte. Es sei zwar bekannt, dass die Begehung von Straftaten dem Ansehen und dem Aufstieg innerhalb von Rockergruppen nicht abträglich sei. Ohne Belege dafür, dass der Verein dies verlange, nütze dieses Wissen jedoch nichts.

Eine wasserdichte Beweisführung sei ohne Insiderkenntnisse praktisch nicht möglich, sagte der Experte weiter. Das Einschleusen von Informanten wiederum sei "extrem schwierig". Ein Problem dabei sei, dass manche Gruppen die Vertrauenswürdigkeit ihrer Mitglieder dadurch prüften, dass sie die Begehung von Straftaten verlangten. Dies sei Mit- oder Zuarbeitern der Polizei im Grunde nicht möglich.

(DDP/felt)
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