Anklage in Eislingen Vierfachmord aus Habgier

Ulm (RPO). Knapp vier Monate nach dem Vierfachmord in Eislingen hatdie Staatsanwaltschaft Ulm Anklage gegen den 18-jährigen Sohn dergetöteten Familie und seinen 19-jährigen Freund erhoben. Sie gehtvon dem Motiv Habgier und dem Mordmerkmal Heimtücke aus, wie sie amFreitag mitteilte. Demnach wollte Andreas H. als Erbe dassechsstellige Vermögen seiner Eltern an sich bringen.

Polizei sucht in Eislingen nach Beweisen
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Sein Freund Frederik B. sollte auch davon profitieren und hattebereits eine Wunschliste erstellt. Möglicherweise fühlte sich derSohn im Vergleich zu seinen Schwestern familiär benachteiligt,erklärte die Staatsanwaltschaft.

Die Staatsanwaltschaft ist davon überzeugt, dass die jungen Männeran Gründonnerstag, 9. April, gegen 22.00 Uhr im Haus der Familiedie 22 und 24 Jahre alten Schwestern Annemarie und Ann-Christin inderen Betten im Dachgeschoss erschossen. Der Fernseher sei nochgelaufen. Auf die jungen Frauen wurden zehn beziehungsweise neunSchüsse abgegeben.

Die Eltern, der 57-jährige Heilpraktiker Hansjürgen H. und seine55-jährige Frau Ilse, hielten sich in einer Gaststätte auf. AndreasH. und Frederik B. gingen laut Ermittler nach den Morden zu ihnenund blieben etwa eine Stunde. Nach ihrer Rückkehr warteten sie indem Wohnhaus auf die Eltern. Diese wurden noch in Straßenkleidungim Eingangsbereich des Hauses erschossen. Der Vater wurde von achtKugeln getroffen, die Mutter von drei.

Damit gaben die Täter insgesamt 30 Schüsse ab. Sie benutztenPlastikflaschen als Schalldämpfer. Die Patronenhülsen sammelten siesorgsam ein und versteckten sie mit den zwei Kleinkaliberpistolender Marken Hämmerli und Ruger sowie mit Kleidung in einem Erddepotin einem Wald. Dort fanden Polizisten sie später entsprechend denAngaben des 19-Jährigen. Die Waffen stammten aus einem Einbruch imSchützenverein, bei dem beide Mitglied waren.

Andreas H. hatte die Polizei alarmiert und zunächst erklärt, dieToten gefunden zu haben. Weil die Beamten keine Einbruchspurenfanden, gerieten er und sein Freund schnell ins Visier derErmittler. Sie bestritten die Tat anfangs. Allerdings wiesen dieErmittler bei ihnen Schmauchspuren nach.

Freund legte Geständnis ab

Frederik B. legte aber bald bei der Polizei ein Geständnis ab.Andreas H. verweigerte die Aussage. Er räumte seine Tatbeteiligungaber gegenüber einem Mitarbeiter der Justizvollzugsanstalt ein, wieder Sprecher der Staatsanwaltschaft, Michael Bischofberger,berichtete. Seit Mitte April sitzen sie in U-Haft.

Der Sohn des Heilpraktikers soll vor dem Mord mit dem Gedankengespielt haben, sein Elternhaus zu verlassen, aber Angst vorwirtschaftlicher Unsicherheit gehabt haben. Als ihm im Februar 2009Vollmacht für ein Konto seiner Mutter bei einer Schweizer Bankerteilt wurde, kam er laut Staatsanwaltschaft auf die Idee, seineEltern und Schwestern zu töten, um Alleinerbe zu werden.

Beide sind auch noch wegen gemeinschaftlichen Diebstahlsangeklagt. Unter anderem sollen sie im Oktober 2008 in dasVereinsheim der Schützengilde Eislingen eingebrochen sein. Dortwurden 17 groß- und kleinkalibrigen Waffen, darunter die Tatwaffen,sowie etwa 1.700 Schuss Munition geklaut. Zur Frage derSchuldfähigkeit hat die Staatsanwaltschaft ein psychiatrischesGutachten in Auftrag gegeben.

Über die Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung muss nun dasLandgericht Ulm entscheiden. Der Prozess soll vor einerJugendkammer stattfinden. Bei einer Verurteilung wegen Mordesdrohen den Angeklagten nach Jugendstrafrechts höchstens zehn Jahre.Wenn sie als Erwachsene verurteilt werden, müssen sie mitlebenslangen Haftstrafen rechnen. Die Staatsanwaltschaft rechnetdamit, dass es noch in diesem Jahr zu einem Prozess kommt.

(AP/felt)
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