Hipster-Olympiade in Berlin Vorsicht, hier fliegen die Hornbrillen tief

Berlin · Vom Einen werden sie belächelt, die Anderen finden die Outfits cool. Dass sich Hipster selbst nicht ganz ernst nehmen, haben sie jetzt in Berlin bewiesen: Bei einer eigenen Olympiade. Und da flogen nicht nur die Hornbrillen um die Wette. Es gab noch einige andere absurde, aber dafür umso sehenswertere Disziplin.

Das war die Hipster-Olympiade 2012 in Berlin
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Das war die Hipster-Olympiade 2012 in Berlin

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Foto: dapd, Gero Breloer

Erstaunlich, wie weit man eine Hornbrille werfen kann — sechs, sieben Meter bestimmt. Da klatscht das Publikum und die Jury gratuliert zum "schönen Wurf". Minuspunkte müsste es aber fürs Outfit geben: viele Trendsetter gehen viel zu glatt rasiert an den Start. Wo sind eigentlich die ganzen Vollbart-Träger aus Kreuzkölln und vom Schlesischen Tor?

Hornbrillen-Weitwurf und Jutebeutel-Sackhüpfen: Berlins Szenegänger haben sich am Samstag bei einer großen Hipster-Olympiade gemessen. Hunderte Zuschauer sahen sich das nicht ganz ernst gemeinte Spektakel am Postbahnhof im Stadtteil Friedrichshain an. Über den ganzen Tag zählten die Veranstalter 6000 Gäste. Die gute Nachricht: Manche Hauptstadt-Hipster können noch über sich selbst lachen. Aber die wirklichen Nerds und Modeopfer ließen sich natürlich nicht blicken. Dafür fehlt ihnen wohl der Humor.

Mit Röhrenjeans-Tauziehen und anderen albernen Disziplinen wurde das Hipstertum ja auch gehörig auf die Schippe genommen - dieses merkwürdige Phänomen westlicher Metropolen wie New York, London, Barcelona oder eben Berlin. Klar ist: Wie früher Hippies und Punks will heute der Hipster rebellisch und individuell erscheinen. Weil sich bei ihm alles ums eigene Aussehen und die neuesten Apps und Accessoires dreht, hat er für eine echte politische Haltung aber keine Zeit. Schließlich muss auch noch die Miete für die Altbauwohnung im Szenekiez finanziert werden.

Viele Altberliner, die in die Randbezirke verdrängt werden, finden diese Entwicklung nicht so lustig. Deshalb war die erste Hipster-Olympiade 2011 als Demonstration angemeldet: gegen Gentrifizierung und "die Homogenisierung von Lebensstilen in Berliner Innenstadtbezirken". Ja, zum Hipster gehört auch der Hipster-Hass - "Fuck you Hipsters" heißen Clips auf Youtube. Auf Berliner Häuserfassaden prangt "Hornbrillen raus". Mittlerweile zeige die "neuere Sozialforschung" allerdings, dass Hipster-Lifestyle und Gentrifizierung nichts miteinander zu tun hätten, erklärte Olympiaden-Erfinder Thomas Blockus.

Gleichwohl sei auch die Olympiade 2012 "nicht nur Spaß und Spiel", mahnte der 27-Jährige dann bei der Eröffnungsrede am Postbahnhof.
Dann verlas Blockus das "Hipster-Manifest", politischer Höhepunkt des diesjährigen Wettbewerbs. Das Pamphlet richtet einige ironische Forderungen an die Stadt Berlin: mehr iPhone-Ladestationen in der U-Bahn und ein Club-Mate-Springbrunnen am Rosenthaler Platz im Bezirk Mitte. Und im Techno-Club Berghain sollen bitteschön mehr Jutebeutel-Garderobenhaken angeschraubt werden.

Richtig lustig wurde es, als die ersten Hornbrillen flogen.
Hänflingen wurden rebellische Vintage-Bärte angeklebt. Der Altersdurchschnitt bei der Hipster-Olympiade lag bei Anfang 20. Viele Teenager waren da, alle hübsch gestylt mit Potenzial zur Stilikone. Um Nachwuchs muss sich der Hipster wohl keine Sorgen machen.

(dpa)
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