Sieben Raucher-Thesen Warum Menschen rauchen

Düsseldorf (RP). Sieben Raucher-Thesen: Die Maya inhalierten den Qualm der heiligen Tabakfeuer – und auch die aufgeklärten Menschen des 21. Jahrhundertes finden noch Gründe, dem extrem gefährlichen Glimmstängel zu verfallen.

Selbstversuch: Rauchen in Düsseldorf
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Düsseldorf (RP). Sieben Raucher-Thesen: Die Maya inhalierten den Qualm der heiligen Tabakfeuer — und auch die aufgeklärten Menschen des 21. Jahrhundertes finden noch Gründe, dem extrem gefährlichen Glimmstängel zu verfallen.

Für mehr als 40 Millionen Menschen in Deutschland ist verstärkter Nichtraucherschutz okay. In Bayern fand im Volksentscheid das radikale Rauchverbot eine klare Mehrheit. An eine bundesweite Ausdehnung ist gedacht. Wenn so viele das Rauchen immer weiter verbannen wollen, stellt sich eine andere Frage: Warum rauchen Raucher? Weil es chic ist?

Wenn es chic wäre, an einem stinkenden Stück Holz zu lecken, würden wir es uns schmecken lassen? Auch wenn wir mit jedem Schlecken unser Leben um eine Viertelstunde verkürzen? Auch wenn sich Holzstaub in Gehirn, Rachen und Lunge festsetzen? Die Haut hässlich wird? Jedes Jahr über 100 000 Menschen am Holzlecken sterben? Männer dadurch impotent werden und Frauen ihre Kinder im Mutterleib schädigen? Würden wir lecken?

Wir lecken nicht, wir paffen

Wir lecken nicht, aber wir paffen. Trotz aller gesicherten Erkenntnisse über die Gesundheitsgefahren des Rauchens werden weltweit täglich 15 Milliarden Zigaretten angezündet. Warum? Sieben Thesen:

Mythisches Das Feuer hat die Menschen schon immer in seinen Bann gezogen. Bevor Kolumbus & Co. den Tabakkonsum nach Europa brachten, nutzten die amerikanischen Ureinwohner die kokelnden Blätter für religiöse Handlungen. Der kontrollierte kleine Qualm als ehrfürchtig inhalierte Antwort an die Götter, die mit ihren Blitzen nicht nur Verwüstung sondern auch wärmendes, lebensrettendes Feuer auf die Erde brachten: Könnte es sein, dass ein wenig von dieser Ursehnsucht nach Wärme, nach faszinierendem Spiel mit dem Feuer von jeder Zigarette in unser Unterbewusstsein springt?

Wohlgefühl Sobald die Rauchinhaltsstoffe den Körper erreichen, läuft ein biochemischer Prozess ab. Vor allem die fürs Wohlfühlen zuständigen Rezeptoren im Gehirn werden stimuliert. Mitten im Stress fühlen sich Raucher in einer kleinen wohligen Auszeit. Freilich rächt sich dieses Prinzip, weil jedem winzigen Freudenrausch ein unangenehmer Stimmungsabfall folgt.

Kultur Ein Blick auf die aufwändige Pflege kostbarer Zigarren lässt leicht nachvollziehen, dass Rauchen im 19. Jahrhundert ein Statussymbol war. Der edle Glimmstängel in der Hand signalisierte: Hier hat es jemand geschafft. Die Zigarre als Zeichen der Belohnung für besondere Erfolge hat sich bis heute erhalten. Allerdings widerlegt die Statistik die Mär vom Status: Je weniger Menschen verdienen, desto mehr von ihnen rauchen, je höher Menschen gebildet sind, desto weniger von ihnen rauchen.

Rauchen erhöht Leistungsfähigkeit

Doping Das beim Rauchen ausgeschüttete Adrenalin erhöht vorübergehend die Leistungsfähigkeit, die allerdings nach Ende der Wirkung umso stärker nachlässt. Auch Folgen des Rauchens werden durch Rauchen überlagert (Hustenreiz), und mancher glaubt auch ans Körper-Doping: Qualmen statt Futtern hält schlank. Von den Teermengen in der Lunge mal abgesehen.

Geselligkeit Viele rauchen vor allem "aus Geselligkeit". Wenn die Freunde an den Stäbchen ziehen, ist es vor allem für unsichere Menschen ein gutes Gefühl dazuzugehören. Das Anbieten von Zigaretten ist eine verbindende Geste, die dabei hilft, in Kontakt zu kommen.

Sexy Rauchen macht sexy, vor allem in den Augen Pubertierender, die sich mit der Zigarette im Mund erwachsener fühlen. Die ersten Küsse in neuen Beziehungen sind ohnehin so aufregend, dass der Geschmack von ausgeleckten Aschenbechern gerne in Kauf genommen wird oder der nichtrauchende Partner ebenfalls anfängt.

Sucht Das ist für viele die Folge des Probierens in der Jugend: Die Unfähigkeit, davon zu lassen, weil sich Körper, Geist und Gewohnheiten zu sehr darauf eingelassen haben. Fortan lebt der Raucher nach dem Prinzip Hoffnung: Ja, doch, ich weiß von Krebs und Raucherbein, aber Opa ist doch auch mit Pfeife alt geworden. Für Millionen eine fatale Fehleinschätzung.

Internet Für oder gegen das Rauchverbot? Das sagen unsere Leser: www.rp-online.de/politik

(RP)
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