Samstag ist Weltflüchtlingstag Asylanten lesen #meantweets

Düsseldorf · Mehr als 50 Millionen Menschen weltweit sind auf der Flucht. Um auf ihre Not aufmerksam zu machen, hat die UN-Vollversammlung den 20. Juni zum Weltflüchtlingstag erklärt. Auch in Deutschland gibt es Aktionen anlässlich des Tages. Und im Netz soll ein Video aufrütteln und Vorurteile abbauen.

Die fünfköpfige Familie sitzt auf einem Bett in einem spärlich eingerichteten Zimmer. Während die Mutter ihre drei Kinder im Arm hält, liest der Vater etwas vor. Es ist ein Tweet, in dem der Schreiber behauptet, dass ein "Asylant ohne iPhone" in Deutschland "ein Mensch zweiter Klasse" sei. Die Familie wird also direkt mit dem Vorurteil konfrontiert, jeder Asylbewerber habe ein Smartphone.

Diese Szene stammt aus einem Video, dass die Webseite katholisch.de anlässlich des Weltflüchtlingstages auf Facebook und bei Youtube eingestellt hat. "Echte Flüchtlinge lesen echte Tweets", heißt es dazu. Man wolle damit Vorurteile gegen Flüchtlinge widerlegen, heißt es auf der Webseite, denn "Stammtischparolen verbreiten sich am schnellsten in den sozialen Netzwerken".

Und so sind in dem Clip Kinder, Jugendliche und Familien in kargen Unterkünften zu sehen, die Tweets mit Vorurteilen vorlesen — etwa diesen: "Ich will auch gratis im Vier-Sterne-Hotel wohnen. Ich glaube, ich werde Asylant." Wie wichtig Aufklärung diesbezüglich ist, zeigt auch gleich ein Kommentar unter dem Video auf Facebook.

Denn dort wurde direkt das Beispiel gepostet, dass in Bautzen Asylbewerber tatsächlich in einem Vier-Sterne-Hotel unterkommen. Dass das Haus aber schlecht läuft und sich daher als Unterkunft beworben hatte (schließlich suchen Kommunen händeringend nach geeigneten Unterkünften) und dass alle Annehmlichkeiten eines Hotels aus den Zimmern ausgebaut werden, wird mit dem Posting nicht erwähnt.

Schon eine Stunde nach der Veröffentlichung auf seiner Facebook-Seite wurde das Video bereits fast 190 Mal geteilt und gelobt. So schrieb ein User: "Verdammt schwer das bis zum Ende zu schauen. Bei dem Grad Zynismus wird einem schlecht. #gutearbeit; Sehr guter Beitrag. Rüttelt auf! Hoffentlich auch die Verbreiter dieser leeren Parolen."

In Lettland hatte es vor einiger Zeit ebenfalls ein Videoprojekt gegeben, dass sich mit Diskriminierung beschäftigt. Allerdings mit einer umgekehrten Rollenverteilung. In einem gefakten Bewerbungsgespräch bat ein schwarzer Bewerber (er war der Lockvogel) seine Mitbewerber, ihm Kommentare von Facebook zu übersetzen, da er kein lettisch könne. Die Probanden reagierten mitunter geschockt über die rassistischen Beleidigungen, die sie übersetzen sollten — und brachten die Worte zum Teil gar nicht über die Lippen.

(das)
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