Sötenich in der Eifel Wenn ein Dorf den Mörder deckt

Im sogenannten "Eifelmord-Prozess" ist der Hauptangeklagte wegen Mordes an seinem Geschäftspartner zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden. Verwandte und Nachbarn des Täters hatten den Mord vertuscht.

Sötenich ist ein unscheinbares Dorf in der Eifel. Die knapp 1100-Seelen-Gemeinde im Landkreis Euskirchen, etwas mehr als eine Autostunde von Aachen entfernt, war bis zum 17. Januar dieses Jahres regional höchstens durch ihre Kalksandsteinbrüche und das angrenzende Zementwerk bekannt.

Das änderte sich an diesem Wintertag mit den tödlichen Schüssen auf den Schrotthändler Johann P. (32) urplötzlich. Mit einem Jagdgewehr wurde P. im Keller der Werkstatt seines Geschäftspartners Ralf S. (45) aus nächster Nähe erschossen. Die Leiche fand die Polizei erst zwei Wochen später auf einer Deponie im Rhein-Erft-Kreis. S., ein verheirateter Vater zweier Kinder, wird als Hauptverdächtiger verhaftet und angeklagt.

Der Fall machte unter dem Namen "Eifelmord" bundesweit Schlagzeilen, weil gleich mehrere Dorfbewohner geholfen hatten, das Verbrechen vor der Polizei zu vertuschen: Eine Nachbarin wischte das Blut auf, Verwandte versteckten die Leiche auf ihren Höfen, ein Dorfbewohner ließ die Tatwaffe verschwinden.

"Seelische Notlage"

Vor dem Aachener Schwurgericht fiel gestern das Urteil in dem aufsehenerregenden Prozess. Der Angeklagte wurde wegen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. S. habe, urteilte der Richter, seinen jüngeren Geschäftspartner heimtückisch erschossen. Die Staatsanwaltschaft hatte zwar auch auf Mord plädiert, aber wegen der "seelischen Notlage" des Angeklagten nur zwölf Jahre Haft gefordert.

Schließlich hatte der Verurteilte immer wieder beteuert, aus Notwehr gehandelt zu haben. Das Opfer, sagte Ralf S. vor der Verhandlung aus, sei am 17. Januar zu ihm in die Werkstatt gekommen, um Geld einzufordern. Es soll um 30 000 Euro gegangen sein. Daraufhin sei es zum Streit zwischen den beiden Männern gekommen, bei dem Johann P. mit einer Eisenstange auf seinen langjährigen Freund losgegangen sein soll.

Daraufhin habe er sich zum Schutz die Jagdflinte genommen, sagte Ralf S.. Dabei hätte sich plötzlich ein Schuss gelöst und P. getroffen. Als S. sich über sein Opfer beugte, habe sich ein weiterer Schuss gelöst — das sei keine Absicht gewesen, so der Verurteilte. Das Schwurgericht glaubte seiner Darstellung nicht.

Wie aus einem schlechten Regionalkrimi

Was sich jedoch in der Folge der Bluttat ereignete, war man bis dahin eigentlich nur aus Fernseh- und schlechten Regionalkrimis gewohnt: Nachbarn und Verwandte im Dorf halfen mit, die Leiche und die Tatwaffe verschwinden zu lassen. Laut Gericht wussten zunächst der Vater und die Ehefrau des Täters Bescheid. In der Urteilsbegründung sagte der Richter dem Angeklagten: "Ihr Vater ist in die Werkstatt gekommen. Er hat gesagt: 'Der lebt ja noch, hol die Motorsäge'." Dann wurde ein Nachbar zur Hilfe gerufen, um die Tatwaffe zu beseitigen.

Er habe, so sagte der Nachbar als Zeuge vor Gericht aus, das Jagdgewehr mit einem Trennschleifer zerlegt und es an der Rurtalsperre ins Wasser geworfen. Verwandte versteckten die Leiche wechselweise auf ihren Höfen, bis sie von einem weiteren Dorfbewohner unter Bauschutt begraben auf einer Mülldeponie abgeladen wurde.

Ein Arbeiter entdeckte die Leiche, weil ein Bein herausragte. Laut Gericht wusste er genau, von wem die Ladung mit dem Bauschutt stammte, und rief den Täter zunächst an, er "solle seinen Scheiß" wieder abholen. Nach einigem Zögern informierte er die Polizei.

Gegen die an der Beseitigung der Leiche beteiligten Dorfbewohner wurden vom Gericht in einem getrennten Verfahren wegen Strafvereitelung jedoch nur Bewährungsstrafen verhängt. Die Ehefrau und der Vater des Täters kamen ohne Strafen davon, weil sie Verwandte sind, so das Urteil.

(RP/csi)
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