ARD-Dokumentation am Montagabend Wenn Red Bull keine Flügel verleiht

Düsseldorf · "Red Bull verleiht Flügel". Mit diesem Slogan hat das gleichnamige Unternehmen seinen Energy Drink erfolgreich vermarktet. Am Montagabend widmet sich die ARD in einer Dokumentation dem Hype, der PR-Maschinerie des österreichischen Konzerns - und Todesfällen bei Werbeaufnahmen.

 Dieser Slogan ist Teil der wohl bekanntesten Werbemaßnahme des österreichischen Konzerns Red Bull.

Dieser Slogan ist Teil der wohl bekanntesten Werbemaßnahme des österreichischen Konzerns Red Bull.

Foto: Youtube Screenshot

Die Liste der Veranstaltungen, die die Red Bull GmbH mit rund 1,5 Milliarden Euro jährlich sponsert, ist lang. Und die Sportarten, die dort einem zumeist jungen Publikum vorgeführt werden, sind extrem und gefährlich. Sogar extrem gefährlich. Oder um es präzise zu formulieren: lebensgefährlich. Stürze und Knochenbrüche sind einkalkuliert, aber der Tod?

Am Montagabend beleuchtet die ARD-Dokumentation "Die Story im Ersten" "Die dunkle Seite von Red Bull". Es geht um Todesfälle bei Werbeaufnahmen und den gestiegenen Marketingdruck, den auch Red Bull entfacht. Extremsportler werden zu immer größeren Risiken verleitet. Beispiele gibt es zuhauf.

Viele tödliche Beispiele

13. November 2009, Zürich. Ueli Gegenschatz ist der bekannteste Schweizer Extremsportler und Base Jumper. Der Sprung von hohen Gebäuden ist sein Anreiz, der Nervenkitzel einkalkulierter Teil seines Jobs. An jenem Mittwoch springt Gegenschatz für Red Bull vom Sunrise Tower 88 Meter in die Tiefe. Eine Windböe erfasst den Objektspringer, treibt ihn ab und bringt ihn ins Straucheln. Gegenschatz schlägt auf dem Boden auf und verstirbt zwei Tage später in einem Krankenhaus.

28. August 2009, Lauterbrunnen. Der 36-jährige Amerikaner Eli Thompson springt im Kanton Bern aus einem Helikopter. Mit einem Flügelanzug, einem sogenannten "Wingsuit", soll er an einer Felsscharte vorbeifliegen — so zumindest der Plan. Thompson aber kracht in eine Felswand. Sein Sprung ist Teil des geplanten Red-Bull-Films "Human Flight 3D". Der Konzern unterbricht die Dreharbeiten für eine eine Woche.

26. März 2009, Dolomiten. Der Kanadier Shane McConkey ist einer der einflussreichsten Skifahrer. Auch er springt für einen Film von einer 300 Meter hohen Klippe. Dabei soll er den Objektiven einen doppelten Salto-Rückwärts zeigen, seine Ski abwerfen, im Wingsuit hinab gleiten und schließlich seinen Fallschirm ziehen. Der Plan geht schief. McConkey schlägt auf dem Boden auf. Für Red Bull kein Grund, den Film nicht fertig zu stellen. Der Tod als Teil der Show.

18. August 2008: Der erst 14-jährige Motorradfahrer Toriano Wilson verstirbt bei einem Red-Bull-Event in Alton im US-Bundesstaat Virginia. Wilson nimmt am "Red Bull AMA U.S. Rookies Cup" teil. In der ersten Runde stürzte er von seinem Motorrad und wurde von einer anderen Maschine überfahren.

Kritik ist nicht neu

Die Kritik an Red Bull ist nicht neu. Im Grunde begann sie 1987 mit der Ankündigung, in Österreich ein koffeinhaltiges Getränk auf den Markt zu bringen. Es wurde diskutiert über die gesundheitlichen Folgen, die die Inhaltsstoffe auf den Organismus haben sollen. Nicht überall in Europa wanderte Red Bull in die Regale der Supermärkte und Tankstellen.

Die Folge: Der Streit um die Zulassung machte das Produkt für junge Menschen nur noch interessanter. Die gut aufgestellte PR-Maschine des Konzerns aus der Nähe von Salzburg tat ihr Übriges. Red Bull wurde zu einem Verkaufsschlager und das Unternehmen des Gründers Dieter Mateschitz suchte sich für die Vermarktung Sportarten aus, die extrem sind und junge Käufer anziehen.

PR-Hype ist höchst umstritten

Ob Freestyle-Motocross-Serie "Red Bull X-Fighters", die Luftrennen-Serie "Red Bull Air Race Series" oder "Red Bull Crashed Ice", ob Formel 1 oder der Jahrhundert-Sprung des Landsmann Felix Baumgartner aus dem All — Red Bull sucht sich Sportarten aus, die Nervenkitzel hervorrufen und das Wagnis zum Ziel haben. Manchmal schießt Red Bull über das Ziel hinaus. Der PR-Hype ist höchst umstritten.

Im jahr 2009 stellte die Schweizer Presse die Frage: "Geht red Bull über Leichen?" "Der Unfall ist eine Folge der Perversionen des Event-Marketings", sagte Hermann Strittmatter, Gründer der Werbeagentur GGK Zürich, der "Kleine Zeitung".

Nach (tödlichen) Unglücken hält sich Red Bull zumeist zurück mit Aussagen oder gar Eingeständnissen von Fehlern. Selbst bei vergleichsweise harmlosen Vorwürfen zu gesundheitlichen Risiken beteuert das Unternehmen gebetsmühlenartig: "Red Bull Energy Drink kann vor, während und nach sportlicher Betätigung getrunken werden und unterstützt dabei Focus und Konzentration". Die Geschichte lehrt uns: Red Bull verlieht nicht immer Flügel.

(nbe)
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