Crystal Meth im Landkreis Görlitz Wie eine Region im Kino gegen den Drogenkonsum kämpft

Görlitz · Die vorderste Front im Kampf gegen den Drogenhandel und den Drogenkonsum in Deutschland vermutet man an den Landesgrenzen und in illegalen Laboren. Dort wo stämmige Zollbeamte und verdeckte Ermittler die Drogen aufspüren und beschlagnahmen. Doch der Landkreis Görlitz geht nun einen neuen Weg.

Was Crystal Meth aus Menschen macht
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Was Crystal Meth aus Menschen macht

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Foto: dpa

Die Region im Osten Sachsens kämpft mit ungewöhnlichen Mitteln gegen die Verbreitung der Droge Crystal Meth in den Städten und Dörfern entlang der deutsch-tschechischen Grenze. Seit Ende März ist in den Kinos im Landkreis Görlitz ein Spot zu sehen, der vor dem Konsum von Crystal Meth warnen soll.

In dem Video liest eine Mutter ihrer Tochter ein Märchen vor. In dem Märchen zeigt sich eine Königin überwältigt von den Aufgaben des Regierens. Ein kleiner "Seelenfresser" will ihr die Last abnehmen, im Gegenzug für "ein paar Kleinigkeiten", wie die Mutter mit verstellter Stimme vorliest. Die Königin willigt in das Geschäft ein und plant gleichzeitig, den "Seelenfresser" auszutricksen. Doch das klappt nicht. Am Ende des Spots sieht der Zuschauer die Mutter ohne Märchenbuch in einem leeren Raum. Auch die Tochter ist dort nicht zu sehen. Dafür trägt die Frau Exzeme auf der Haut, wie sie typisch sind bei Konsumenten der Droge Crystal Meth.

Der Landkreis Görlitz reagiert mit dem Kinospot auf zahlreiche Funde von Crystal Meth in der Grenzregion. In Tschechien wird die Droge günstig auf Märkten neben gefälschten Schuhen und Kleidungsstücken angeboten. Im Nachbarland sind die Zutaten zur Herstellung der Droge in Apotheken frei erhältlich. Anleitungen zur Herstellung finden sich mit wenigen Klicks im Internet, wie der Deutschlandfunk in einem Bericht schreibt. Diese beiden Umstände erklären den relativ niedrigen Preis für die Droge und ihre zunehmende Verbreitung.

Insgesamt 77 Kilogramm Crystal Meth hat das Bundeskriminalamt deutschlandweit im Jahr 2014 beschlagnahmt. Die Anzahl der Konsumenten sei im vergangenen Jahr um sieben Prozent angestiegen. Mit den steigenden Konsumentenzahlen gehen auch die Fälle von Beschaffungskriminalität nach oben. Sachsens Innenminister Ulbig sagte im vergangenen Jahr, dass es 2014 zahlreiche Wohnungseinbrüche gegeben habe, die im direkten Zusammenhang mit dem Konsum von Crystal Meth standen. Das Landeskriminalamt schätzt, dass mittlerweile fast ein Drittel aller schweren Diebstahlsdelikte von Drogenabhängigen begangen werden. Im Jahr 2009 lag die Quote noch bei 15 Prozent.

Mit einem Zehn-Punkte-Plan geht das Land Sachsen gegen die Verbreitung von Crystal Meth und anderen Drogen vor. Während Sachsens Innenminister vor allem den "Druck auf die Crystal-Dealer hoch halten" will, konzentriert sich der Landkreis Görlitz seit 2013 auf die Prävention. Weil die Droge aber ein relativ junges Phänomen in Deutschland ist und Präventionsergebnisse nicht nach wenigen Wochen messbar sind, spricht Landrat Gotthilf Matzat (CDU) in der "Sächsischen Zeitung" von einer gewissen Hilflosigkeit. Er erhofft sich zudem Hilfe von der EU. Denn solange es in Europa keine einheitlichen Verbote der Droge und ihrer Zutaten gäbe, laufe man immer hinterher.

(ac)
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