Straßenstrich in Krefeld So wird Prostitution in NRW geregelt

Düsseldorf · Weil Anwohner sich über unhaltbare Zustände am Straßenstrich beschweren, will Krefeld den Sperrbezirk ausweiten. Wer entscheidet, wo und wann Prostitution erlaubt ist? Hier gibt es Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Straßenstrich Krefeld: Neue Ritterstraße bei Tag
6 Bilder

Neue Ritterstraße: Der Straßenstrich in Krefeld bei Tag

6 Bilder
Foto: Bastian Königs

Wie ist die aktuelle Regelung in Krefeld?

In Krefeld gibt es derzeit einen unbefristeten Sperrbezirk rund um die Innenstadt und außerdem einen temporären Sperrbezirk rund um die Ritterstraße zwischen 6 und 22 Uhr. 2014 hatte es Bestrebungen gegeben, auch in diesem Gebiet die Prostitution uneingeschränkt zu verbieten. Doch damals wurde vonseiten der Polizei argumentiert, dass ein vollständiges Verbot die Szene in Bereiche verdrängen könnte, die deutlich schwerer zu kontrollieren wären. Dies sei nicht im Sinne des Schutzes der Prostituierten zum Beispiel vor Straftaten. Die Bezirksregierung Düsseldorf beschloss daraufhin den temporären Sperrbezirk.

Wie kann der Krefelder Sperrbezirk ausgeweitet werden?

Nun klagen Anwohner über unhaltbare Zustände rund um die Ritterstraße. Der Straßenstrich weite sich räumlich aus, auch hielten sich die Beteiligten nicht an das zeitweise Verbot zwischen 6 und 22 Uhr. Die Stadt Krefeld denkt deshalb darüber nach, zu beantragen, dass die Prostitution rund um die Ritterstraße zeitlich unbeschränkt verboten wird. "Geplant ist eine zeitliche Ausweitung auf 24 Stunden an sieben Tagen die Woche des Sperrbezirks in den bestehenden Grenzen", sagt Timo Bauermeister, Sprecher der Stadt Krefeld.

Dazu muss die Stadt einen begründeten Antrag an die Bezirksregierung stellen. In der Bürgerveranstaltung am 12. Oktober hat Georg Lieser, Leiter des Fachbereiches Ordnung der Stadt Krefeld, Argumente der Anwohner für eine Ausweitung des Verbotes gesammelt. Zusätzlich ist laut Stefanie Klockhaus, Sprecherin der Bezirksregierung Düsseldorf, eine Dokumentation der Situation durch Ordnungsamt und Polizei erforderlich. Der Ausschuss für Verwaltung, Vergabe, Ordnung und Sicherheit der Stadt will laut Bauermeister am 27. Oktober über einen entsprechenden Antrag entscheiden. Dieser könnte dann Ende Oktober bei der Bezirksregierung Düsseldorf eingehen. "Wie lange es dann dauert, über den Antrag der Stadt zu entscheiden, kann ich noch nicht sagen", sagt Klockhaus.

Zur aktuellen Situation an der Ritterstraße in Krefeld teilt die Stadt in einer Pressemitteilung mit: "Wie bisher kontrolliert der Kommunale Ordnungsdienst insbesondere an der Ritterstraße und dem Dießemer Bruch den zeitlich eingerichteten Sperrbezirk im Rahmen seiner dienstlichen Möglichkeit mindestens zweimal täglich in den Abend- und Nachtstunden. Die Prostituierten halten sich im Allgemeinen an die Sperrbezirksverordnung und an die entsprechenden Sperrstunden von 6 bis 22 Uhr".

Ist Prostitution nicht eigentlich illegal?

Nein. Mit Inkrafttreten des Prostitutionsgesetzes (vollständig "Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten") zum 1. Januar 2002 wurde Prostitution grundsätzlich legal. Zuvor galt sie als sittenwidrig.

Was regelt das Prostitutionsgesetz?

Das Gesetz hält fest, dass eine Prostituierte ein Anrecht auf ein Entgelt für ihre Leistung hat, das sie auch einklagen kann. Außerdem eröffnet es ihr grundsätzlich die Möglichkeit, sich regulär in den gesetzlichen Kranken-, Arbeitslosen- und Rentenversicherungen zu versichern. Seit einiger Zeit gab es jedoch Forderungen, das Prostitutionsgesetz zu überarbeiten, weil es Kritikern zufolge Prostituierte nicht ausreichend schützt. Am 7. Juli 2016 verabschiedete der Bundestag deshalb das neue "Gesetz zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen", das zum 1. Juli 2017 in Kraft treten soll. Dem neuen Gesetz nach muss Prostitution künftig wie ein Gewerbe angemeldet werden. Dazu muss ein einwandfreies Führungszeugnis desjenigen vorliegen, der das Gewerbe anmelden will. Personen, die der Prostitution nachgehen, müssen dies künftig ebenfalls melden. Auf diese Weise soll Zwangsprostitution vermieden bzw. frühzeitig aufgedeckt werden.

Warum ist Prostitution nicht grundsätzlich verboten?

Immer wieder wird gefordert, Prostitution grundsätzlich zu verbieten. Doch laut Gesetz wäre ein unbeschränktes Verbot ein unzulässiger Eingriff in die Berufsfreiheit und allgemeine Handlungsfreiheit der Frauen. Ein zeitweises Verbot oder ein Verbot an bestimmten Straßen und Plätzen ist jedoch zulässig. Es wird durch eine "Sperrbezirksverordnung" geregelt.

In welchen Fällen kann Prostitution verboten werden?

Wenn eine Gefährdung der Jugend oder des öffentlichen Anstandes vorliegt, kann ein Verbot der Prostitution ausgesprochen werden. Diese Gefährdung muss zunächst bewiesen werden, wie Klockhaus erklärt. Das geht zum Beispiel durch Beschwerden von Anwohnern, wie sie jetzt auch in Krefeld gesammelt wurden. Außerdem muss geprüft werden, ob ein Verbot eine verhältnismäßige Einschränkung der Berufs- und allgemeinen Handlungsfreiheit der betroffenen Frauen darstellt. Nur dann ist es zulässig.

Wo kann ein Sperrbezirk eingerichtet werden?

Grundsätzlich kann ein Sperrbezirk laut Artikel 297 Absatz 1 und 2 des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch überall dort eingerichtet werden, wo eine Gefährdung der Jugend oder des öffentlichen Anstandes vorliegt. Es gibt folgende Richtlinien, wo das Prostitutionsverbot gelten kann:

  • grundsätzlich, also sowohl öffentlich als auch in Gebäuden

      für das ganze Gebiet einer Gemeinde bis zu 50.000 Einwohnern

    • für Teile des Gebiets einer Gemeinde über 20.000 Einwohner oder eines gemeindefreien Gebiets
  1. öffentlich

    unabhängig von der Zahl der Einwohner für öffentliche Straßen, Wege, Plätze, Anlagen und für sonstige Orte, die öffentlich eingesehen werden können.

Das Verbot kann auch auf bestimmte Tageszeiten beschränkt werden. Rund um die Ritterstraße in Krefeld ist Prostitution beispielsweise nur zwischen 6 und 22 Uhr verboten, nachts ist sie erlaubt.

Wer entscheidet, ob eine Straße zum Sperrbezirk wird?

"Die Regelungen zur Einrichtung eines Sperrbezirkes gelten bundesweit", sagt Klockhaus. Im Gesetz ist allerdings geregelt, dass die Landesregierungen und in ihrer Vertretung die Bezirksregierungen über die Einrichtung eines Sperrbezirkes entscheiden können. In NRW sind deshalb die Bezirksregierungen zuständig, im Krefelder Fall ist es die Bezirksregierung Düsseldorf.

(lsa)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort